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Inhalt:

Das Fürstentum Ratzeburg

Wahrscheinlich im Jahre 972 entstand das Bistum Oldenburg/Holstein, das vom Hamburger Erzbischof Adaldag im Auftrag von Kaiser Otto I.  als Kirche für das ganze Slawenland gegründet wurde. Von hier aus sollte die Christianisierung des Landes ausgehen. Um 1060 gliederte der Erzbischof Adalbert von Bremen aus diesem die neuen Bistümer Mecklenburg (Bischof Johannes I. Scotus) und Ratzeburg (Bischof Aristo) aus, die aber bereits im Jahre 1066 von dem heidnischen obodritischen Adel wieder zerstört wurden. Der Erzbischof Hartwig I. von Hamburg-Bremen stellte die 3 Wendenbistümer formal im Jahre 1149 wieder her, konnte ihnen aber keine wirtschaftliche Grundlage geben. Das konnte nur der sächsische Herzog, der als Lehnsherr über diese Gebiete herrschte. Die Bischöfe von Oldenburg (Vizelin) und Mecklenburg (Emmehard) benannte der Erzbischof zunächst selbst, geriet aber in Konflikt mit dem sächsischen Herzog Heinrich dem Löwen, der mit der Investitur der Bischöfe seine Interessen im Lande durchsetzen wollte.

Das königliche Investiturrecht besagt, dass seit dem Wormser Konkordat durch den König ein neu gewählter Bischof mit den weltlichen Gütern und Hoheitsrechten seiner Bischofskirche ausgestattet wird. Dieser Vorgang vollzog sich in lehnrechtlicher Form, indem der König ihm das Zepter übergab, wodurch der Bischof Vasall des Königs wurde. Heinrich gelang es in dieser Situation, die Kompetenzen des Bremer Erzbischofs einzuschränken und das königliche Investiturrecht wahrzunehmen. Dieses einmal ausgeübte Sonderrecht wurde dem Herzog von Kaiser Friedrich Barbarossa am 3. Juni 1154 in Goslar auf Dauer bestätig (MUB, Bd. 1, 1154, 56, 571)). Als ersten Bischof investierte der Herzog Heinrich im gleichen Jahr Evermod, den Propst des prämonstratensischen Domstifts St. Marien in Magdeburg zum Bischof des Bistums Ratzeburg. Mit diesem kamen prämonstratensische Domkanoniker aus Magdeburg nach Ratzeburg. Im Januar 1158 bestätigte Papst Hadrian IV. die Errichtung des Bistums. Die Urkunde (MUB, Bd.1, 1158, 621)) ist im Original im Landeshauptarchiv Schwerin verwahrt und gilt als die älteste Urkunde Mecklenburgs. Das Bistum wurde im gleichen Jahr von Heinrich dem Löwen dotiert (MUB, Bd. 1, 1158, 651)). In dieser Urkunde wird auch das Land Boitin als Butin erstmals urkundlich erwähnt. Der Name geht wahrscheinlich zurück auf den polabischen Volksstamm der Bytiner. Die Grenzen des Landes Boitin werden in der Dotationsurkunde wie folgt beschrieben:

„…vom Herzogsgraben bis zu einem Steinhaufen in der Nähe von Bünstorf und von dort weiter mitten durch den Menzendorfer See und von dort in grader Linie bis zu einem großen Stein, von diesem in den gemeinsamen Wald bis zu einem Ort der im Volksmund Mannhagen heißt, in der Nähe von Carlow und in dem Riepser Sumpf genannten, in Richtung Schlagsdorf gelegenem Wald und von dort entlang des Lenschower Baches bis zu dessen Einmündung in die Wakenitz.“

Bevor ich auf die weitere Geschichte des Bistums eingehe, möchte ich noch einige grundsätzliche Fragen klären.

Bistum, Sprengel, Hochstift

Zunächst stellt sich die Frage, was ist ein Bistum. Das Bistum (von Bischoftum) bezieht sich auf das Jurisdiktionsgebiet eines Bischofs. Es ist damit der Einflussbereich der Kirche in Vertretung des Bischofs für ein festgelegtes Territorium. Im Heiligen Römischen Reich bestand eine Machtteilung zwischen Staat (Kaiser, König) und der Kirche (Papst, Bischof), die auf gegenseitigem Schutz beruhte und nicht ohne Konflikte ablief (z.B. König Heinrich IV.Bußgang nach Canossa). Es gab ein Verhältnis von Sacerdotium (geistliche Macht) und Imperium (weltliche Macht). Die Kirche hatte genau wie die weltliche Macht (Königreiche, Fürstentümer, usw.) das Reich flächendeckend in Verwaltungsbezirke (Bistümer) aufgeteilt, die auch zu Erzbistümern zusammengefasst wurden. Von den jeweiligen Bistümern hatte dann der Bischof das Recht auf den Kirchenzehnt. Regional unterschiedlich erhielten zunächst der Bischof, der Pfarrer, die Armen und das Bistum je ein Viertel des Zehnten; ab dem 10. Jh. bekam ein Drittel der Pfarrer und zwei Drittel der Bischof, der daraus die Armenfürsorge leisten und für den Bedarf des Bistums (Sachaufwand, Fabrica ecclesiae) aufkommen musste. Der Kirchenzehnt wurde oft auch mit den weltlichen Herrschern geteilt. So übte die Kirche ihre geistliche Macht aus. Der Einflussbereich eines Bischofs wird in der älteren Literatur auch öfter als Sprengel bezeichnet. Nun fehlte aber außer dem Kirchenzehnt die materielle Absicherung der Bischöfe.  Dazu entstanden Hochstifte. Der zweite Wortteil von Hochstift kennzeichnet die Ländereien als Stifte im Sinne von Stiftungen von Königen und Herzögen (Lehnsherren) an eine kirchliche Einrichtung mit staatlicher Souveränität. Der erste Wortteil unterscheidet sie von Kloster- und anderen Stiftungen ohne staatliche Souveränität. Hochstifte waren also Gebiete, in denen Bischöfe in ihrer Eigenschaft als Reichsfürsten (Kirchenfürsten) neben der geistlichen auch die weltliche Landesherrschaft ausübten. Sie wurden später auch Fürstbistümer genannt. Das weltliche Herrschaftsgebiet eines Erzbischofs hieß Erzstift oder Fürsterzbistum. Der Begriff des Hochstifts oder Fürstbistums ist zu unterscheiden vom Bistum, dem Sprengel, in dem der Bischof die kirchliche Aufsicht innehatte. Letzterer umfasste auch Gebiete, die der Regierung anderer Fürsten, manchmal sogar der (weltlichen) Herrschaft anderer Bischöfe unterstanden. Hier hatten die Bischöfe nur Kirchenrecht, während die Hochstifte dem Reichsrecht unterstanden.

Mit der Christianisierung von Randgebieten des Heiligen Römischen Reiches wurden Bistümer auch in diesen Gebieten angelegt, ohne das die weltliche Herrschaft dort schon gesichert war. Die Mönche und Bischöfe fungierten als Missionare, oft auch mit zum Teil erheblichen persönlichen Konsequenzen (Folter und Tod). Mit der Dotierung des Ratzeburger Sprengels wurden zum Beispiel auch Gebiete der Obodriten mit einbezogen, die noch unter Herrschaft des heidnischen Fürsten Niklot standen.

Das Lehnswesen

Das Lehnswesen war die politische Ordnung im Mittelalter. Der mittelalterliche „Staat“ beruhte auf dem persönlichen Verhältnis zwischen dem Herrscher (Lehnsgeber) und dem von ihm in unterschiedlicher Weise und vielfachen Abstufungen abhängigen Volk (Lehnsnehmer). Er bestand aus Personenverbänden wie Stämmen, Sippen, Gefolgschaften, Lehnshöfen, Haus- und Schwurgemeinschaften. Ihr Zusammenleben wurde durch die Grundherrschaft bestimmt. Grundherren, in der Regel Könige, Fürsten, niedere Adlige und Geistliche waren dabei nicht nur Grundbesitzer oder verfügten über ein Lehen, sondern übten auch niedere Verwaltungs- und Gerichtsfunktionen aus.

Der Lehnsgeber (König) vergab an geistliche Fürsten (Bischöfe) und weltliche Fürsten (Herzöge und Grafen) Lehen (lateinisch „feudum“) auf Lebenszeit. Diese Fürsten oder Adlige wurden damit zu Grundbesitzern. Der König verlieh Ländereien (Land inklusive Dörfer und Bauern) aber auch nutzbare Rechte, Ämter oder Einkünfte, z.B. Zolleinnahmen. Die Erträge aus diesen Leihgaben standen den adligen Lehensinhabern, die Vasallen genannt wurden, zu.

Bei der Übergabe des Lehens schworen sich König und Vasall feierlich lebenslange gegenseitige Treue. Sie verpflichteten sich, nichts zum Schaden und alles zum Nutzen des anderen zu tun. Der Vasall war zur Gefolgschaft seines Herrn in Krieg und Frieden verpflichtet. Als Gegenleistung für das Lehen waren die Kronvasallen verpflichtet zur Treue zum König, zur Unterstützung bei der Reichsverwaltung und zur Bereitstellung von Soldaten im Kriegsfall. Rechtskräftig wurde dies durch den Akt der Huldigung, einer Art Unterwerfung, bei der der Lehnsmann oder Vasall vor dem Lehnsherrn tatsächlich auf die Knie fiel. Königsvasallen konnten das königliche Lehen erneut an Untervasallen weiterverleihen. Diese waren dann nur dem Königsvasall, nicht aber dem König zur Treue verpflichtet. Die Unfreien oder Abhängigen (Hörige, leibeigene Bauern) bildeten im System der Grundherrschaft die Basis der Lehnspyramide. Darüber standen die Untervasallen (Ritter, Äbte, Beamte) und die Kronvasallen oder Grundherren (Herzöge, Grafen, Bischöfe). Der König bildete die Spitze der Lehnspyramide. Schon recht früh, im 10./11. Jh., wurden die Lehen erblich. Lehen und Eigentum waren oft nicht mehr zu unterscheiden. Ab dem 17. Jh. kam die Bezeichnung Feudalismus für das mittelalterliche Lehenswesen auf.

Die Gründung des Bistums

Als erster Bischof wurde ein Priester des Prämonstratenser Ordens von Heinrich dem Löwen investiert. Evermod war ab 1120 einer der wichtigen Gefolgsmänner des Gründers der Prämonstratenser, Norbert von Xanten. Nachdem Norbert 1131 das auf einer Saaleinsel bei Calbe gelegene Kloster Gottesgnaden gegründet hatte, wurde Evermod zunächst dort und dann anschließend im Mutterkloster Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg Propst. Von hier aus war er für die Gründung der weiteren Tochterklöster in Havelberg, Jerichow, Quedlinburg und Pöhlde verantwortlich. Der Prämonstratenser Orden ging aus Wanderpredigern hervor, die sich durch ein bescheidenes, enthaltsames Leben und eine tiefe Gottesfürchtigkeit auszeichneten. Sie spielten bei der Missionierung der Slawen eine führende Rolle, vielleicht auch weil ihre Lebensweise ein Vorbild für die Heiden sein sollte.

Die Erstausstattung des Bistums erfolgte mit 300 Hufen in zwei zeitlich etwas auseinanderliegenden Schenkungen des Herzogs. Die erste von 50 Hufen enthielt die vier Dörfer Römnitz (Rodemuzle), Ziethen, Farchau und Kolaze, das spätere Klotesfelde und heutige Horst im Lande Ratzeburg. Die zweite, 250 Hufen, das Land Boitin und zehn in den einzelnen Teilen der Diözese zerstreut liegende Bischofshöfe. Das Land Boitin war das erste geschlossene Gebiet des Bischofs. Spätere Erwerbungen im Land Ratzeburg und Mecklenburg wurden diesem Land Boitin zugeschlagen. Mit dem Bistum entstand auch das Domkapitel. Es war beheimatet im Ratzeburger Dom, der ab 1160 als Bischofskirche des Bistums Ratzeburg entstand. Der Ratzeburger Dom ist der älteste der vier sogenannten Löwendome, zu denen auch die in Schwerin, Lübeck und Braunschweig gehören. Dem Dom an der Nordseite angegliedert ist das Kapitelhaus der Prämonstratenser-Chorherren. Vor Fertigstellung des Doms diente die Klosterkirche „St. Georg auf dem Berge“ als Sitz des Kapitels. Die Bezeichnung Bistum Ratzeburg bedeutet nicht, dass die Stadt Ratzeburg selbst zum Hochstift gehörte. Lediglich ein Teil der Dominsel, der Standort des Domes selbst, der Domhof, gehörte dazu. Hier residierte auch nur das Kapitel bis 1504. Der Bischof hatte seine Residenz in Dodow, dann in Farchau und ab dem Bischof Markward von Jesowe in Schönberg.

Im Jahre 1154 schlossen der Landesherr Graf von Ratzeburg Heinrich von Badewide und Evermod einen Zehntvertrag ab, der im Zehntenregister des Bistums Ratzeburg festgehalten ist. Der Inhalt ist folgender:

In den drei Ämtern Ratzeburg, Wittenburg und Gadebusch soll Graf Heinrich von Ratzeburg den halben Zehnten vom Bischof zu Lehen haben, und die andere Hälfte soll dem Bischof bleiben und zwar sowohl von den Domänen des Grafen als von allen Neuanlagen ohne Ausnahme, und jeder von beiden, der Bischof sowohl wie der Graf kann von seinem Teile belehnen, wen er will und wie er will, mit der Klausel, daß in jedem Dorfe, das 12 Hufen oder darüber hat, der Bischof 2 und der Graf 2 Hufen hergeben soll zu dem Recht, welches Besetzung heißt. Wenn das Dorf aber weniger als 12 Hufen hat, braucht jeder bloß eine Hufe herzugeben.

Diese Teilung des Zehnten ist ein Ausdruck dafür, dass die Macht hier zweigeteilt ist, in geistliche (Bischof) und weltliche Macht (Graf). Ein weiterer Vertrag von 1167 von Heinrich dem Löwen regelt den Zehntanteil des Ratzeburger Domkapitels:

Im ganzen Bereich der Diözese (Ratzeburg) soll der Bischof den Zehnten haben. Davon soll dem Kapitel gehören in den Ämtern Ratzeburg, Wittenburg und Gadebusch der 4. Teil der Zehnten, von dem Lande Boitin die Hälfte mit Zins und Zehnt und allem Rechte, und zwar sollen dort nur 2 Hufen als sogenannte Besetzungshufen frei von aller Beschwernis sein. Alle übrigen Provinzen sollen inbetreff der Zehntenabgabe nur dem Bischof zustehen.“

Man sieht also die Kirchenzehnte wurden sehr genau und präzise aufgeteilt. Politische Veränderungen, z.B. die Gründung der Grafschaft Schwerin der Umzug des mecklenburgischen Bischofssitzes von der Mecklenburg nach Schwerin und die Verlehnung Mecklenburgs an Pribislaw, den Sohn Niklots, führten zur Anpassung der Zehntenregelung. Genaueres hierüber erfährt man auf der Seite „Das Zehntenregister“. Das Zehntenregister wurde vermutlich um 1230 unter dem Bischof Gottschalk verfasst. Zweck des Registers war es sämtliche Lehnbriefe zu hinterlegen, um Zehntenentziehungen zu verhindern und bei Zehntstreitigkeiten ein handliches Nachschlagebuch zu schaffen, aus dem man sich rasch über die Lage der Sache unterrichten konnte. Dem Zehntenregister verdanken wir auch die erste urkundliche Erwähnung von Ortschaften, die zum Teil noch slawische Namen trugen und auch teilweise als slawisch gekennzeichnet waren.

In der zweiten Grenzbestimmung für Ratzeburg von 1167 finden wir folgende Beschreibung des Ratzeburger Sprengels:

Im Osten sind die Grenzen: das Wasser, welches Wissemara heißt, und so gegen Süden hinab bis zum Steffiner Bach, von da hinunter bis in den Lostener See, dann vor und zurück, wo die Länder Bresen und Schwerin sich scheiden. Das ganze Land Schwerin nämlich gehörte zum Bereich des Ratzeburger Bischofs, aber weil wir der Roheit der Heiden wegen den bischöflichen Sitz, welcher von altersher in Mecklenburg gewesen war, nach dem Willen und mit Erlaubnis des Herrn Kaisers Friedrich nach Schwerin verlegt haben, haben wir mit Zustimmung der Herren Bischöfe Evermod und Berno das Bresener Land dem Ratzeburger Bischof in seinen Grenzen zum Ersatz gegeben.

Im Süden aber haben wir die Scheide gemacht, wo die Trisnitz in die Sude fließt und zurückgeht bis zu dem Sumpf, aus dem sie, die Trisnitz, ihren Ursprung nimmt, und so geradeaus bis in die Elde, wo das Land Schwerin und Wanzeburg unter sich die Scheide haben, und so an der Elde stromabwärts bis in die Elbe, bis dahin, wo die Bille in die Elbe fließt.

Im Westen setzen wir als Grenzen zwischen der Ratzeburger und Lübecker Kirche den Sumpf, welcher Glindesbrook heißt, und so zurück nach Norden bis zur Strecknitz und über die Waknitz hinaus in den sog. Herzogsfluß bis dahin, wo er ins Meer fließt, und so an der Küste entlang bis an den Wismarschen Meerbusen, vorwärts aber in die Gewässer Grinau, Bornitz, Labenz und Trittau, und so in die Bille und die Bille stromab bis zum Einfluß in die Elbe. (siehe Seite „Die Entstehung des Bistums“)

Die folgende Grafik zeigt den Ratzeburger Sprengel wie er nach Rekonstruktion aus den historischen Unterlagen ausgesehen haben könnte. Diese Karte entwarf Hofmarschall Detlof Joachim von Oertzen (1771-1820). Gezeichnet wurde sie von Heinrich Varendorff im Maßstab 1:5 Meilen. Die Karte ist der Arbeit von J. H. Neuendorff „Die Stiftsländer des ehemaligen Bisthums Ratzeburg topographisch und geschichtlich dargestellt“2) entnommen. Neuendorf fasst hier die Studien des Hofmarschalls von Oertzen, die er selbst wegen seines frühen plötzlichen Todes nicht mehr veröffentlichen konnte, zusammen. In einer Vorrede des Hofraths und Professors Norrmann, einem langjährigen Freund von Oertzen, wird das Leben des Hofmarschalls gewürdigt. Die Karte zeigt uns das Bistum Ratzeburg mit den zehntpflichtigen Bauerndörfern im Jahre 1231, an den Kartenrändern sind Erläuterungen über Länder und Kirchspiele des Bistums enthalten. Die Karte ist mit einem Mausklick darauf vergrößerbar und kann in der neuen Ansicht weiter aufgezogen werden. So sind auch die Texte an den Rändern der Karte zur Erläuterung sehr gut lesbar.

Der Ratzeburger Sprengel um das Jahr 1231.

Die Karte ist urheberrechtlich geschützt. Ich habe eine Lizenz käuflich mit dem Recht auf Veröffentlichung im Internet von Alamy Limited, 6 – 8 West Central, 127 Olympic Avenue, Milton Park, Abingdon, Oxon, OX14 4SA, United Kingdom erworben.

Bischöfe nach Evermod bis Markward von Jesowe

Isfried (1180-1204)

Nach dem Tode Evermods 1178 wurde nach 2-jähriger Sedisvakanz durch einen erneuten Investiturstreit Isfried 1180 neuer Bischof. Die Anerkennung seiner Wahl war der letzte Erfolg Heinrich des Löwen vor seiner Ächtung. Isfried war zuvor Probst des Klosters Jerichow. Er setzte den begonnenen Bau des Ratzeburger Doms fort.

Im Jahre 1194 einigte sich Isfried mit dem Ratzeburger Domkapitel über die Aufteilung der Stiftsgüter. In der Gründungsurkunde des Bistums wurde festgelegt, dass die Einkünfte zur Hälfte dem Propste und dem Kapitel und zur anderen Hälfte dem Bischof zukommen sollten, aber der Verwalter aller Einkünfte blieb zunächst noch der Bischof selbst, der den Brüdern das zum Lebensunterhalt Notwendige gewährte. Dagegen rebellierte der herrschsüchtige und habgierige damalige Propst. Es kam zur Aufteilung der Dörfer in Kapitelsdörfer und Bischofsdörfer. Als Beichtvater Heinrich des Löwen nahm Isfried diesem 1195 die letzte Beichte ab und erteilte ihm die Absolution und die Sterbesakramente.

Von 1202-1227 waren Holstein, Ratzeburg, Wagrien und Mecklenburg dänisch besetzt, nachdem der dänische König Waldemar II. die Schwäche des Reiches während des Thronstreites zwischen dem Staufer Philipp von Schwaben und dem Welfen Otto IV. ausnutzte. In dieser Zeit war Albrecht II. von Orlamünde, ein Neffe König Waldemars II. dänischer Statthalter von Nordelbien, Graf von Orlamünde, Holstein, Stormarn, Ratzeburg, Dassow, Lauenburg und Wagrien. 1219 wird Schönberg erstmals urkundlich erwähnt. Den ursprünglichen Namen hat der Ort wahrscheinlich von den Besetzern erhalten.

Philipp (1204-1215)

Die Bischofswahl Philipps wurde vom dänischen Statthalter mitbestimmt. Nachdem Papst Innozenz III. im Jahre 1204 den Schwertbrüderorden (Brüder der Ritterschaft Christi von Livland) als geistlichen Ritterorden ins Leben gerufen hatte, sammelte Albert von Riga im Jahre 1210 ein Kreuzheer in Livland. An dem Kreuzzug nahmen neben den Bischöfen Yso von Verden, Bernhard von Paderborn sowie dem Zisterziensermönch und vormaligen Heerführer Heinrichs des Löwen, Bernhard von der Lippe, auch Bischof Philipp von Ratzeburg teil. Bis zum Jahre 1214 war Philipp in Livland an der Ostchristianisierung beteiligt.

Heinrich I. (1204-1228)

Es gelangte der Domprobst Heinrich, der seit 1194 diese Würde bekleidete und 1204 dem Kapelan Philipp weichen musste, zum Bischof. Er war wieder ein Mann, der aus der Mitte der Stiftsherren hervorging. 1227 wurde die dänische Macht beendet.

Lambert II. von Barmstede (1228)

Gegen die Vorrechte des Kapitels der freien Wahl des Bischofs, wurde nach Heinrichs Tod Lambertus, Domherr von Bremen und Hamburg, dem Stift durch den Papst vorgesetzt. Er starb schon nach einem halben Jahr nach der päpstlichen Ernennung (6. November 1228).

Gottschalk (1228-1235)

Der Domprobst Gottschalk, der schon in den Urkunden Bischofs Heinrich erwähnt wird, folgt als Bischof. In seiner Amtszeit entstand das Ratzeburger Zehntenregister.

Petrus (1236)

Von großer Bedeutung war es, dass Petrus die Reichsstandschaft vom Kaiser Friedrich II. erworben hatte. Im März des Jahres 1236 erschien er persönlich am Hoflager Friedrichs II. in Hagenau im Elsass und erhielt die Investitur der zeitlichen Güter, die einst Heinrich der Löwe über die neuen Bistümer im Norden ausgeübt hatte. Der Kaiser nahm den Bischof und seine Nachfolger, das Kapitel, die Besitzungen, Zehnten und alle Güter und Rechte der Kirche in seinen und des Reiches besonderen Schutz. Das galt auch für die Besitzungen, welche das Stift in Zukunft erlangen würde. Die Bischöfe waren nun Reichsfürsten.

Ludolf I. (1236-1250)

Ludolf stammte vermutlich aus Sachsen und war Prämonstratenser. Als er 1236 zum Bischof gewählt wurde, bekleidete er das Amt des Camerarius. Er bestätigte 1237 das kurz zuvor gegründete Benediktinerinnenkloster Rehna. Seine Amtszeit war geprägt von Auseinandersetzungen mit Herzog Albrecht I. von Sachsen. Obwohl das Hochstift die Reichsunmittelbarkeit erlangt hatte, erhob der sächsische Herzog Ansprüche auf das Hochstift. Er forderte die Vogtei über das Land Boitin, die Überlassung der Burg Farchau und Abgaben der kirchlichen Untertanen. Ludolf widersetzte sich den sächsischen Ansprüchen, musste jedoch 1247/48 zu Johann I. von Mecklenburg flüchten. Er starb im Franziskanerkloster Wismar.

Friedrich (1250-1257)

Friedrich, 1237 als Diaconus und 1245/46 als Präpositus des Bistums tätig, wurde zum Nachfolger von Ludolf gewählt. Herzog Albrecht hielt an seinen Forderungen gegenüber den 3 Bistümer Lübeck, Schwerin und Ratzeburg fest, dass sie sich der Reichsimmunität entäußern und sich unter seinen Schutz stellen. Im deutschen Reich fand zu dieser Zeit das sogenannte große Interregnum statt, eine Zeit, in der es zwar Könige in Deutschland gab, die aber nur kurz regierten (auch mit Gegenkönigen) und kaum Herrschergewalt ausübten. Kaiser Wilhelm unterstütze zwar Herzog Albrecht letztendlich konnte Albrecht sich aber nicht durchsetzen.

Das Bistum war ein kleines Land, das im Nordwesten die Holsteiner und die mächtige Stadt Lübeck, im Südwesten die Lauenburgischen Grafen und Herzöge und im Osten die Herren von Mecklenburg zu Nachbarn hatte. Wie wir aus der Chronik „Die Geschichte des Bistums Ratzeburg“ von Masch3) entnehmen können, gab es zu den Holsteinern weniger Berührungspunkte. Mit den Fürsten zu Mecklenburg und den Grafen von Schwerin bestand ein eher einvernehmliches Verhältnis. Der Ratzeburger Sprengel reichte bis weit nach Mecklenburg hinein. Bei Masch finden wir zahlreiche Beispiele von Schenkungen, Landkäufen, Landverkäufen und dem Tausch von Ländereien, die von den Bischöfen auch mit dem Ziel der Erweiterung des geschlossenen Territoriums des Hochstifts im Zusammenhang standen. Zu den sächsischen Askaniern bestand immer ein sehr angespanntes Verhältnis. Das hat historische Hintergründe. Nachdem Heinrich II. der Stolze, sächsischer Herzog aus dem Geschlecht der Welfen in Ungnade gefallen war und das Herzogtum verlor, setzten die Staufer Albrecht I. der Bär, einen Askanier, als Herzog ein, der sich aber in Sachsen nicht durchsetzen konnte und so verlieh König Konrad III. das Herzogtum wieder an die Welfen diesmal an Heinrich III. den Löwen. Zu berücksichtigen ist, dass die Welfen und Askanier territorial benachbarte rivalisierende Adelsgeschlechter waren. Heinrich der Löwe gründete die 3 Slawenbistümer im Norden, behielt sich aber immer eine gewisse Einflussnahme auf diese Bistümer vor (z.B. Investitur). Nach dem Sturz Heinrichs 1180 blieben die Grafen von Badewide Grafen von Ratzeburg, die Heinrich mit diesem Land belehnt hatte. Mit dem Aussterben dieser Grafenlinie (keine männlichen Nachkommen) wurde zunächst Albrecht II. von Orlamünde, dänischer Statthalter, ein Askanier, Herzog. Er ernannte in seiner Machtposition den Bischof Philipp, obwohl die Wahl des Bischofs aus den eigenen Reihen des Domkapitels vorgesehen war. Nach 1227 übernahm dann Albrecht I. von Sachsen, (Askanier) das Lehen Sachsen-Lauenburg als Herzog. Er fühlte sich als Nachfolger Heinrichs des Löwen und beanspruchte die gleichen Rechte wie Heinrich, obwohl der Kaiser Friedrich II. dem Bischof Petrus die Investitur und die Reichsunmittelbarkeit zugesprochen hatte. Dieser Konflikt war auch in der Folgezeit problematisch für das Bistum.

Ulrich von Blücher (1257-1287)

Im Jahre 1261 verbündeten sich Ulrich mit dem mecklenburgischen Herzog Johann und der Stadt Lübeck, „um das Schloss Darsow zu erobern, dessen sich Graf Johann von Holstein bemächtigt hatte und dessen Hauptmann Scheele von Nunnendorp darin die Räuber beschützte. Das Raubschloß ward im folgenden Jahre erobert und zerstört, Scheele ward gefangen und die Lübecker erhielten bei der Bestätigung ihrer Zollfreiheit die Versicherung, daß weder zu Darssow, noch von da bis Grevesmolen eine Vestung künftig gebauet werden solle; zugleich wurden ihnen alle Freiheiten und Rechte auf der Stopeniffe bis zur Radegast, wie sie sie von Alters her gehabt, erneuert und zugestanden.“ (Masch, S. 1793))

Konrad (1284-1291)

Konrad kam auch aus dem Domkapitel und war schon sehr alt bei seiner Wahl. Es stand auch die Frage, ob sein Nachfolger der Bruder von Ulrich sein sollte, der nach seinem Tode dann der nächste Bischof wurde.

Hermann von Blücher (1291-1309)

Er war der Bruder von Ulrich und vor der Wahl Domherr des Kapitels.

Markward von Jesowe (1309-1335)

Markward entstammte dem Adel aus der Grafschaft Schwerin und war seit 1296 als Ratzeburger Domherr, seit 1306 als Thesaurar des Domkapitels tätig. In seine Amtszeit fällt der Ursprung des Bestrebens der Ratzeburger Bischöfe, das Gebiet des Bistums im Land Boitin durch Arrondierungen abzurunden. Er verlegte die Residenz der Ratzeburger Bischöfe von Farchau nach Schönberg. Ein Konflikt mit der Hansestadt Lübeck erwuchs aus der damit einhergehenden Befestigung des neuen Bischofssitzes in Schönberg, die gegen das Lübecker Reichsfreiheitsprivileg von 1226 verstieß. Dieser Streit wurde 1330 durch weitgehende Entfestigung beglichen.

Bischöfe von Volrad bis Gustav Adolf

Volrad von dem Dorne (1335-1355)

Otto von Gronow (1355-1356)

Wipert von Blücher (1356-1367)

In seine Amtszeit fiel die Angliederung der Grafschaft Schwerin an die Herrschaft Mecklenburg, die mit den damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen schweren Schaden für das Bistum verursachte. Die Regierungszeit des mecklenburgischen Fürsten Albrecht II. war wie die seines Vaters von zahlreichen Kriegen geprägt. Neben der Auseinandersetzung mit den Grafen von Schwerin, führte er Kriege gegen Brandenburg (um Stargard) und Pommern (Erbfolge Rügen). In seiner zweiten Regierungshälfte stritt er mit Dänemark um die nordischen Königskronen. In Schweden vertrieb er die Verwandten seiner Frau vom Königsthron und setzte seinen Sohn Albrecht III. ein.

Heinrich II. von Wittorf (1367-1388)

Gerhard Holtorp (1388-1395)

Die folgende Karte von Prof. Hellwig zeigt die Gestalt des Bistums um 1400 mit den Anteilen vom Bischof und Kapitel und mit den späteren Erwerbungen. Der mit Punkten umgebene Bereich, Ausdehnung 1230, ist auch auf der Karte des gesamten Sprengels (die graue Fläche) zu erkennen.

Das Bistum um 1400

Detlef von Berkentin (1395-1419)

Bischof Detlef hat das Bistum durch seine Großzügigkeit und sein verschwenderisches Leben in große Not gebracht.

Johannes I. von Trempe (1419-1431)

Paridam von dem Knesebeck (1431-1440)

Johannes II. Prohl (1440-1454)

Johannes III. von Preen (1454-1461)

Ludolg II. aus Ratzeburg (1461-1466)

Johannes IV. Stalkoper (1466-1479)

Im Jahr 1470 gab es einen ersten Überfall des Herzogs Johann von Sachsen-Lauenburg auf Dörfer der Vogtei Stove im Land Boitin. Das Land wurde geplündert und der Herzog bestand auf dem Recht des Ablagers (Beherbergung und Verpflegung seines Hofstaates) und der Bede. Vermittler bei diesem Streit war Herzog Heinrich IV. von Mecklenburg.

Johannes V. von Berkentin (1479-1511)

Bischof Johannes V. von Ratzeburg stammte als Sohn des Detlev von Parkentin auf Lütgenhof bei Dassow von einem norddeutschen ritterlichen Adelsgeschlecht ab. Er spielte in der Rostocker Domfehde (1486–1491) eine entscheidende Rolle und belegte die Stadt mit dem Bann. 1492 war er am Sternberger Hostienschänderprozess beteiligt. 1491 erwarb er für das Fürstentum Ratzeburg das Grundstück Große Burgstraße Nr. 11 in Lübeck als Bischofsherberge.

An den politischen und kriegerischen Auswirkungen der Lübecker Fehde der Jahre 1505–1507, die an der Dassower Brücke wegen der Fischereirechte auf der Stepenitz ihren Ausgang genommen hatte, stellte er sich aktiv auf die Seite der Herzöge von Mecklenburg und seiner Familie im Klützer Winkel (Masch, S. 402 ff3)).

In kirchlicher Hinsicht stärkte er die politische Rolle seines kleinen Bistums als Territorium. In seine Amtszeit fiel die sog. transmutatio (Umwandlung), die das Ratzeburger Domkapitel betraf. 1504 verließ das Ratzeburger Domkapitel den Prämonstratenser Orden. Bis dahin lebten die Mönche nach den strengen Regeln des heil. Augustinus, sie trugen weiße Gewänder und lebten wie Mönche spartanisch in Klöstern. Die Mitglieder des Kapitels konnten nun zu weltlichen Chorherren werden. Man versprach sich dadurch auch eine größere Frequentierung durch Mitglieder wohlhabender adliger und bürgerlicher Familien und damit auch eine größere Unterstützung und einen besseren Schutz des Bistums. Unterstützt wurde der Bischof bei dieser Entscheidung durch die sächsischen Herzöge Johann IV. und Magnus I.. Papst Julius II. erließ dann am 22. Mai 1504 eine Bulle, wonach das seit Bischof Evermod bislang im Orden der Prämonstratenser stehende klösterliche Domkapitel zu einem weltlichen Chorherrenstift wurde.

Zu den Herzögen von Sachsen-Lauenburg entwickelte sich ein angespanntes Verhältnis. Der Herzog Johann IV. wird in den historischen Quellen von Masch beschrieben: „Herzog Johann v. Sachsen war, wie die Chroniken ihn schildern, höchst gewaltthätig und nahm wenig Rücksicht auf die Rechte Anderer“(Masch, S. 3933)).

Weiter heißt es: „Hierin klagt nun der Bischof, daß der Herzog gegen alles Recht, welches doch B. Ulrich schon erkauft habe, und gegen alle Privilegien späterer Zeit nicht nur von den Unterthanen in und außer dem Lande Boitin, sondern auch von seiner eigenen Person und den Personen des ganzen Capitels Dienste, Steuern (Beschettinghe), Bede, Herberge, Ablager und andere Verpflichtungen fordere, sich weigere den Zehnten im Lande Dartzinke zu Lehn zu nehmen, dem Probst zu Eldena nicht gestatte, Visitation in jenem Lande und im Kirchspiel Stapel zu halten, daß er den Bauern in Pótrow das junge Vieh abgepfåndet, die Kornzufuhr aus Lauenburg gehindert, und dafür, daß ihnen die Zollfreiheit bliebe, mehr denn 2000 rheinische Gulden empfangen habe. Er hatte die Verlassenschaft mehrerer Geistlichen, gleichviel ob sie mit oder ohne Testament gestorben, dem B. entzogen, hatte Bernd v. Plesse, der einen Priester zu Ratzeburg todtschlug, gegen Interdikt und Bann geschützt, hatte Geistlichen Pferde genommen und ihnen Abgaben von 100-200 Mark aufgelegt, hatte die Einwohner in Pòtrow, Panthen, tom Hagen ( Manhagen ), Walksfelde und im Lande Boitin so beschwert, daß sie kaum dem Bischof ihre Pacht entrichten konnten, hatte zu erledigten Stellen keinen präsentirt, den Geistlichen ihre Einkünfte und Gnadenjahre und Zehnten entzogen, hatte die entwichenen Unterthanen in Schutz genommen, auf den Dörfern, welche die Bischöfe dem Capitel genommen, Ablager gehalten, Domherren verwundet und verhöhnt, ohne Genugthuung zu geben. Dem Capitel hatte H. Johann den halben Zehnten zu Crumesse und den Zehnten von Culpin vorenthalten, 9 Mark vom Drúsener See, 4 Mark von Klinkrade nicht gezahlet, die Mühle bei der Brücke ihm genommen, war in die Dörfer desselben gezogen, und hatte darin ein schweres Ablager gehalten, gejaget und das Korn niedergeritten, den Bauern die Pferde genommen, gegen alle Recesse. Er hatte das Capitel gezwungen, mit ihren eigenen Leuten in Riepz, Resdorf und Schlagbrügge wegen des Mastgeldes einen Vertrag abzuschließen, so daß die Riepzer, wenn Mast ist, 6, die beiden andern 3 Mark zahlen sollten, dies anzuordnen stand aber dem Bischof zu, der daher bat, es abzustellen. Und das allerdings mit Recht, denn die Herzoge hatten ja sich aller Rechte an diese Dörfer begeben und konnten sich also nicht in die Verwaltung derselben einmischen; merkwürdig ist dieser Umstand, weil er zeigt, daß die Bauern sich noch immer an ihre frühern Herren wandten, und dieser sich ihrer annahm, denn daß der Vertrag wenig vortheilhaft gewesen seyn muß, geht, daraus hervor, daß auf die Aufhebung desselben gedrungen ward.“ (Masch, S. 3943)).

Das Verhältnis zu den mecklenburgischen Herzögen war im Gegensatz dazu ein sehr freundliches.

Heinrich III. Bergmeier (1511-1524)

Heinrich Bergmeier stammte aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen. Er trat in den Dienst des Herzogs Johann IV., der ihm ein Studium in Rostock, das er 1483 aufnahm, ermöglichte. Danach wurde er herzoglicher Kammerschreiber und bald darauf leitender Beamter in der Herzoglichen Kanzlei in Lauenburg, dann Sekretär und schließlich Kanzler. 1504 erhielt er eine Domherrenstelle im Ratzeburger Domkapitel. 1511 wählte ihn das Domkapitel zum Bischof. Vielleicht war diese Wahl gewollt, um die Rivalitäten und Streitigkeiten mit den Herzögen von Sachsen-Lauenburg zu beenden, was nicht gelang, denn Bischof Heinrichs Amtszeit war geprägt von den weiteren Übergriffen des Nachfolgers von Johann IV., Herzog Magnus I. Die Streitigkeiten begannen damit, dass der Herzog in aggressiver Weise seine von ihm beanspruchten Rechte des Ablagers in den Ortschaften des Hochstifts durchsetzte. In einigen Dorfchroniken wird von diesen Ablagern berichte und was das für die Bauern bedeutete (siehe Seite „Dorfchroniken“). Der Streit steigerte sich zu solcher Erbitterung, dass Magnus vom Bischof mit dem Kirchenbann und sein Land mit dem Interdikt belegt wurde. Ein im Jahr 1519 vom Lübecker Bischof Johannes VIII. Grimholt und den Herzögen von Mecklenburg vermittelter Vergleich war nicht von Dauer. Bischof Heinrich verlebte lange Zeit im Exil in Celle, Bremen und Lübeck.

Von den Kaisern wurde er geehrt, denn Kaiser Marimilian I. (1518) und Kaiser Carl V. (1521) hatten ihn zu ihrem Rath ernannt. Dafür sollte er und sein Stift dem kaiserlichen Schutz unterstehen. Er war bei den benachbarten Königen und Fürsten wegen seiner Weisheit, Geschäftskenntnis, Urteilsvermögen und Beredsamkeit beliebt und geachtet. Daher verhandelte er in Streitigkeiten zwischen kriegführenden Parteien. Unter anderem auch mit Gesandten des Papstes, von England, Österreich, Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg in Lübeck im Mai 1524, um den vertriebenen König Christian II. von Dänemark wieder in sein Reich einzusetzen. Er nahm persönlich an den Verhandlungen teil. König Christian II. wurde 1523, nachdem er eine Politik gegen den Adel für die aufstrebenden Städte betrieben hatte vom Adel abgesetzt und sein Onkel Friedrich I. wurde König. Dieser Konflikt war Auslöser der Grafenfehde ab 1533 nach dem Tod Friedrichs, die zu einem Krieg der aufständischen Städte Malmö und Kopenhagen im Bündnis mit Lübeck gegen den dänischen Adel führte.

Zur Zeit der Verhandlungen 1524 residierte er in Lübeck in der Bischofsherberge. Dort erlitt er einen Schlaganfall und starb darauf. Bestattet wurde er in der St. Laurentius Kirche in Schönberg, da Herzog Magnus ihm eine Beisetzung im Ratzeburger Dom, der Bischofskirche, verwehrte.

Georg von Blumenthal (1524-1550)

Georg von Blumenthal stammte aus dem Prignitzer Landadel. 1507 war von Blumenthal Sekretär des Bischofs Dietrich von Bülow, dem Bischof vom Bistum Lebus-Fürstenwalde. 1513, als Domdechant von Lebus bekleidete er zugleich das Amt des Rektors der Brandenburgischen Universität Frankfurt und promovierte dort später zum Dr. beider Rechte (staatliche und kirchliche Rechtswissenschaft). 1520 wurde er Domherr am Ratzeburger Dom. Im selben Jahr wählte man ihn zum Bischof von Havelberg. Er konnte die Wahl aber wegen des Einspruchs des Kurfürsten von Brandenburg nicht annehmen. Ab 1521 war er (mit einer Unterbrechung von 1526 bis 1529) als Inhaber einer Großen Präbende auch Domherr in Lübeck. 1524 wurde er Bischof von Lebus und kurz darauf als Nachfolger von Heinrich Bergmeier Bischof von Ratzeburg. Er bekleidete somit bis 1550 zwei Bischofsämter. Seine Wahl in Ratzeburg erfolgte gegen den erbitterten Widerstand des Herzogs Magnus I. von Sachsen-Lauenburg, der versuchte seinen Bruder Johann, der als Bischof von Hildesheim gescheitert war, als Bischof einzusetzen mit dem Ziel den Einfluss auf das Bistum weiter auszubauen.

Der Bischof hielt sich meist im Bistum Lebus auf und ließ sich in Ratzeburg durch den Dompropst vertreten. Als erbitterter Gegner der Reformation kam er 1529 nach Ratzeburg und ließ den reformatorisch gesinnten Prediger Thomas Aderpul gefangen setzen, was zu einer Fehde mit den Adeligen des Klützer Winkels und zu einem langwierigen Reichskammergerichtsprozess führte, der erst 1540 mit einem Urteil zugunsten des Bischofs endete.

1530 begleitete er den Kurfürsten Joachim I. zum Augsburger Reichstag. Hier erwirkte er gegen Herzog Magnus I. eine Reichsacht wegen des Raubes kirchlichen Besitzes und gewann 1536 auch einen Reichskammerprozess gegen ihn. Zur Finanzierung der Prozesse mussten der Bischof und das Ratzeburger Domkapitel ab 1530 den Domschatz veräußern. In der Folge wurde sein Wirkungskreis durch das Vordringen der Reformation, der er sich energisch widersetzte, mehr und mehr eingeschränkt. Er wurde ebenfalls nicht im Dom zu Ratzeburg beigesetzt, sondern im Dom St. Marien in Fürstenwalde.

Christoph I. von der Schulenburg (1550-1554)

Christoph von der Schulenburg war der letzte katholische Bischof von Ratzeburg. Er stammte aus der älteren, weißen Linie des weitverzweigten Geschlechts von der Schulenburg. 1538 erhielt er von Bischof Georg von Blumenthal die Pfründe von Nusse. Kurz darauf wurde er Dompropst in Ratzeburg und auch Propst des Klosters Diesdorf.

Seine Wahl zum Bischof erbitterte den Lauenburger Herzog Franz I., der vergeblich versucht hatte, seinen neunjährigen Sohn Magnus zum Bischof wählen zu lassen. Der Herzog bestellte den Söldnerführer Vollrad von Mansfeld, der mit seinen Truppen ins Land einfiel, am 23. Mai 1552 den Ratzeburger Dom plünderte und von denjenigen Domherren, die nicht geflüchtet waren, eine Erklärung gegen den Bischof und zugunsten des Herzogs erpresste. Mansfeld blieb zwei Monate. Gegen eine Zahlung des Kapitels von 4.000 Talern brannte er den Dom nicht nieder. Das Geld liehen die Domherren sich bei Nikolaus Bardewik, dem Bürgermeister von Lübeck, und verpfändeten dafür einen Teil des Stiftsbesitzes. Daraufhin wurde Lübeck auch vermittelnd tätig. Die bischöfliche Burg Stove ließ der Bischof durch den braunschweigischen Söldnerführer Georg von Holle zurückerobern. Durch einen Vertrag, den Herzog Franz und Herzog Heinrich II. von Braunschweig-Wolfenbüttel am 7. Juni 1554 in Lüneburg abschlossen, kehrte Ruhe für das Bistum ein.

Am 5. Oktober 1554, erklärte der Bischof dem Domkapitel gegenüber seinen Rücktritt vom Bischofsamt. Vorher hatte es schon Verhandlungen mit Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg gegeben. Dieser zahlte ihm 10.000 Gulden, um ihn zu bewegen, zu Gunsten seines damals 17-jährigen Bruders Christoph dem Bistum zu entsagen. Zwar versuchte nach Schulenburgs Rücktritt Franz I. wiederum, seinen Sohn Magnus als Bischof wählen zu lassen, doch auch dieses Mal scheiterte er und das Domkapitel entschied sich für Herzog Christoph zu Mecklenburg.

Schulenburg blieb zunächst Dompropst, verzichtete jedoch kurz darauf gegen eine weitere Zahlung von 5.600 Gulden auch auf dieses Amt und damit auf den Besitz von Mechow. Schon lange vorher hatte er sich der Reformation zugewandt. Am 24. Januar 1555 heiratete er Anna, die Tochter des Otto von Estorff, in der St. Marien Kirche in Veerßen (Uelzen). Er blieb Propst von Diestorf und wurde braunschweigischer Rat.

Ab jetzt wurden gewählte evangelische Bischöfe in Ratzeburg eingesetzt, die auch Administratoren genannt wurden und den mecklenburgischen und braunschweig-lüneburgischen Herzogshäusern entstammten.

Christoph II. zu Mecklenburg (1554-1592)

Auf Betreiben seines älteren Bruders Johann Albrecht I. von Mecklenburg wurde Christoph 1554 als Siebzehnjähriger vom Ratzeburger Domkapitel zum Nachfolger von Bischof Christoph von der Schulenburg postuliert und war damit der erste lutherische erwählte Bischof im Hochstift Ratzeburg.

1555 wurde er auch Koadjutor des Erzbischofs von Riga, Wilhelm von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach. Er verlor aber alle seine Ansprüche 1569 nach bewaffneten Auseinandersetzungen wegen seiner Berufung zum Koadjutor und kehrte nach zweimaliger Gefangenschaft nach Mecklenburg zurück.

Seine erste Frau war Dorothea von Dänemark (* 1528), Tochter von König Friedrich I., die er 1573 heiratete. Sie starb schon zwei Jahre später im Bischofssitz zu Schönberg des Bistums Ratzeburg. Die zweite Frau Elisabeth von Schweden, eine Tochter des Königs Gustav Wasa, heiratete er 1581 in Stockholm.

Karl I. zu Mecklenburg (1592-1610)

Er war der jüngste Sohn des Herzogs Albrecht VII. In den Jahren von 1564 bis 1610 war Karl Administrator der Johanniterkomturei Mirow. Nach dem Tod der älteren Brüder Johann Albrecht I. († 1576) und Ulrich († 1603) folgte er am 14. März 1603 letzterem als regierender Herzog im Landesteil Güstrow nach und übernahm bis zu seinem Tod die Vormundschaft für die Söhne von Johann VII., Johann Albrecht II. und Adolf Friedrich I., im Landesteil Schwerin. Von 1592 bis 1610 war er zugleich Administrator des Bistums Ratzeburg.

August I. zu Braunschweig-Lüneburg (1610-1636)

August wurde 1568 als fünftes von 15 Kindern als Sohn von Wilhelm dem Jüngeren aus dem Geschlecht der Welfen und dessen Gemahlin Dorothea von Dänemark geboren. Als junger Mann stand er als Oberst in Diensten von Kaiser Rudolf II. und kämpfte in den Kriegen gegen Frankreich und die Türkei.

August, der 1610 zum nächsten evangelischen Bischof von Ratzeburg wurde, war schon 1596 gegen den Willen des amtierenden Bischofs Karl zum Koadjutor gewählt worden. Damit war seine Wahl nach dem Tode Karls berechtigt. Johann Albrecht II. Herzog von Mecklenburg-Güstrow widersetze sich dieser Wahl von August zum Bischof. Es kam zu Tätlichkeiten zwischen den beiden Parteien. In zähen Verhandlungen mit Beteiligung benachbarter Fürstenhäuser wurde ein Vergleich geschaffen. In diesem Vertrage wurde „1) die Reichsunmittelbarkeit des Stiftes und 2) H. Augustus als rechtmäßig postulirter Bischof anerkannt und für die Zukunft ward eine Abwechslung in der Bischofswahl dergestalt festgesetzt, daß mit Ausschluß der Linien Harburg und Danneberg immer ein Lüneburgiſcher und ein Mecklenburgischer Prinz wechseln sollten. Nach Augustus Tode ward Hans Albrecht oder sein Sohn Bischof und H. Adolph Friedrichs Nachkommen gelangten erst zu dieser Würde wenn H. Albrechts Stamm erloschen sey, falls nicht Herz. Adolph Friedrich sich der Kosten wegen vergleichen wolle, in welchem Falle die Postulation wechselsweise aus beiden Mecklenb. Häusern geschehen solle, jedoch ohne Anmaßung oder Führung des Titels eines Coadjutors.“ (Masch, S. 605 ff.3)). In den folgenden Artikeln stehen einzelne Regularien, die den Wechsel der Bischöfe aus den beiden Fürstenhäusern und Schäden, die bei dem Streit entstanden, regeln sollten. Adolf Friedrich I. verzichtete im Nachhinein für seinen Teil (Schwerin) auf den Anspruch des Bischofswechsels.

Diese Regulierung wurde von Masch als negativ bewertet. Er schreibt: „Die Begebenheiten der letztern Jahre hatten also das ganze Verhältniß des Stiftes umgeåndert; das Capitel hatte seine ihm unstreitig unbeschränkt zustehende Wahlfreiheit aufgegeben, das Bisthum hatte Conservatoren bekommen, die es bisher nicht kannte, wenigstens in der Art nicht, wie sie jetzt als beirathend und bestätigend auftraten, wenn sie übrigens auch machtlos genug waren, um Noth und Elend vom Stifte abzukehren; und die Würde des Coadjutors, die bis dahin lediglich von der Willkür des Capitels abhing, war jetzt eine feststehende geworden. Daß durch alle diese Umänderungen etwas gewonnen ward, läßt sich nicht verkennen, waren doch solche ärgerliche Umtriebe , wie zur Zeit der Ernennung des H. August zum Coadjutor vorfielen, nicht mehr möglich; aber hätte das Bisthum länger bestanden, so würde sich gewiß der Einfluß der beiden Fürstenhäuser, in deren Hände es sich gab, nicht zum Vortheil des Ganzen offenbart haben, und gerade im Wechsel der Herrscher aus ihnen lag der Keim des Verderbens, ganz der Absicht der Einrichtenden entgegen. Lange konnte das Bisthum nun nicht mehr bestehen, selbst wenn auch keine so gewaltsame Umwälzung erfolgt wäre, wie die nächsten Zeiten zeigen.“ (gemeint ist hier der Dreißigjährige Krieg) (Masch, s. 614 ff.3)).

Gustav Adolf zu Mecklenburg (1636-1648)

Als der nun nach der Vereinbarung oben bestimmte Koadjutor Herzog Johann Albrecht II. von Mecklenburg am 23. April 1636 verstorben war, wurde sein einziger noch lebender Sohn Gustav Adolf als dreijähriger Knabe Koadjutor. Und als Bischof August am 1. Oktober desselben Jahres gestorben war, wurde Gustav Adolf zum Bischof von Ratzeburg gewählt. Damit übernahm auch der brandenburgisch-lüneburgische Herzog Friedrich IV., ein Bruder des verstorbenen Bischofs August, das Amt des nächsten Koadjutors. Als Vormund des jungen Bischofs bestimmte nun Herzog Adolf Friedrich I., der Onkel des Bischofs, die Geschicke des Bistums.

Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) und die Säkularisation

Der Krieg, der 1618 in Böhmen ausbrach, verschonte unsere Gegend zunächst. Anfang 1625 als sich der Niedersächsische Kreis (Kurfürst von Brandenburg, Herzöge von Braunschweig, Holstein, und Mecklenburg, die Reichstädte Lübeck, Hamburg und Bremen) mit dem dänischen König Christian IV. zu einem Bündnis vereinigten und der dänische König Truppen gegen Tilly sammelte, kam der Krieg. Noch im November desselben Jahres floh das Domkapitel ins sichere Lübeck. Die protestantischen Dänen wurden in der Schlacht bei Lutter am 27.08.1626 von der kaiserlich-katholischen Liga unter Tilly geschlagen. Auch das norddeutsche Heer unter dem Befehl des Generals von Mansfeld wurde von den kaiserlichen Truppen unter Wallenstein bei der Dessauer Elbbrücke besiegt. Die unterlegenen Einheiten zogen sich bis nach Wismar zurück, die kaiserlichen Truppen hinter sich herziehend.

Die ersten Truppen unter Führung des Grafen Ernst von Mansfeld erschienen im Dezember 1625 in Schönberg und begehrten Quartier. Zwei Kapitäne mit 100 Mann Mausketieren hatten die Aufgabe 900 Rekruten im Land Schönberg anzuwerben. Außer den unerträglichen Kontributionen kostete die Verpflegung der Mannschaft viel. Bischof August versuchte die Not zu lindern und kaufte sich für eine Kriegssteuer von 6000 Rtlrn. vom Grafen von Mansfeld frei und die Truppen verließen am 31.01.1626 das Bistum.

Obwohl sich das Stift gegen einen so hohen Preis freigekauft hatte, bestand ständig die Gefahr, dass man das Bistum Ratzeburg erneut zur Versorgung dänischer Truppen heranziehen würde. Um das zu verhindern, ersuchte Bischof August König Christian IV. im März 1626 um einen Schutzbrief. Dieser wurde ihm auch gewährt, so dass die Landbevölkerung zunächst Ruhe hatte.

Im Oktober aber kamen zwei dänische Kapitäne mit 100 Musketieren ins Land. In der Hoffnung, die erneute Belegung abzuwenden, ging ihnen der Stiftshauptmann Mandelslo bis Mechow entgegen und pochte auf die Einhaltung des kürzlich ausgestellten Schutzbriefes. Dem hielten die dänischen Offiziere jedoch ein königliches Schreiben entgegen, das den dänischen Offizieren zwecks Werbung von Rekruten für 300 Mann Quartier zu gewähren sei. Am 13.10.1626 rückten sie ein. Sie kosteten das Stift wöchentlich 1000 Taler. Der Stiftshauptmann reiste nun ins Hauptquartier des Dänenkönigs nach Stade, um eine Befreiung von der Einquartierung zu erwirken. Er konnte dies allerdings nur für die bischöflichen Dörfer erreichen.

Bereits am 20.11.1626 rückte unter Führung des Rittmeisters Ulrich von Pentz eine weitere Kompanie in das Amt Stove ein. Hier konnte Stiftshauptmann Mandeslo lediglich erreichen, dass von Pentz sein Quartier vom Amtshaus in Stove nach Demern verlegte.

Dann drohte erneut Gefahr, als nach der Niederlage Christians IV. in der Schlacht bei Lutter am 27.08.1626 die kaiserlichen Truppen unter Wallenstein und Tilly ihren Vormarsch nach Norden fortsetzten. Als Tilly dabei Lauenburg erreichte, suchte ihn der Stiftshauptmann dort auf und erbat einen Schutzbrief, um das Stift vor Übergriffen zu schützen. Für 700 Taler wurde er ihm ausgehändigt, doch trotz dieser Zahlung wurden die Dörfer im Amt Schönberg ausgeraubt und ausgeplündert. Tilly forderte am 01.12.1627 wöchentlich 200 Rtlr. zur Verpflegung seiner Armee, welche dann nach energischem Widerspruch auf 100 Rtlr. herabgesetzt wurde. Von November bis Anfang Dezember 1627 hatten 17 verschiedene Truppen Nachtquartiere und Rasttage im Bistum genommen. Vom 13.02. bis 05.03.1628 kam eine neue Einquartierung. Es waren zwei brandenburgische Reiterkompanien, welche auf Befehl Wallensteins das Stift bezogen und in Mechow Quartier nahmen. Dann lagerten von Mitte März bis 03.04.1628 drei Kompanien Reiter mit 530 Pferden unter Oberst Ernst von Sparr im Schönberger Raum.

Ihre Unterhaltung kostete wöchentlich 60 Tonnen Bier, 3675 Pfund Brot und ebenso viel Fleisch, 542 Scheffel 2 Fass Hafer und für die Offiziere 750 Rtlr. Der wöchentliche Küchenzettel des Wallensteinschen Obristen Ernst von Sparr sah für seine Tafel und weitere fünf Tische u. a. vor: 2 Ochsen, 14 Tonnen Bier, 14 Scheffel Roggenbrot, 14 Kälber, 30 Hühner, 24 Tauben und täglich sechs Gerichte Fische. Dies war damals eine große logistische Leistung der Dorfschulzen, diese Wünsche alle erfüllen zu können. Auch dieses Mal kaufte sich das Stift gegen eine Zahlung von 1800 Rtlrn. bei Wallenstein von der Einquartierung frei und die Truppen zogen ab.

Nach einer kurzen Erholungspause von einigen Wochen kamen vom 28.04. bis 02.05.1628 mit fünf Kompanien Italiener, Franzosen und Kroaten wieder Truppen des Obristen von Sparr nach Schönberg und vom 17.05. bis Juli 1628 unter Rittmeister von Fulda eine Kompanie nach Stove. Sie sollten binnen fünf Wochen Soldaten ausheben, um ihre Kompanie zu komplettieren. Diese Reiter hausten furchtbar. Mit der heruntergehandelten Summe von 2000 Rtlrn. zog Wallenstein auch diese Truppen aus dem Stift ab.

Es folgten darauf im Juli 1628 zwei brandenburgische Kompanien, die 4010 Rtlr. Kosten verursachten. Vom 28. Juli bis 20. November war dann der Obrist-Leutnant Marcus Korpeßen mit zwei Kompanien Kroaten, deren Unterhaltung sich in 17 Wochen auf 6144 Rtlr. belief. Im November marschierten über 14000 Mann zu Pferd und zu Fuß durch das Stift. Obgleich alles Korn bereits aufgebraucht war und eigenmächtige Einquartierungen von ganzen Reiterscharen mit 20 bis 50 Pferden das Land quälten, kam schon am 04. Dezember eine neue Truppe unter Oberst Coronini ins Stift. Er blieb bis zum 04.06.1629. Die Unterhaltung für ihn und seine Truppe kostete das Stift und seine Bewohner 17799 Rtlr.

Vom 19.12.1629 bis 11.06.1630 nahmen zwei Kompanien Kroaten unter Rittmeister Wahrderen im Stift Quartier. Sie verursachten Kosten in Höhe von 12274 Talern. Ihnen folgten vom 11.06. bis zum 06.10.1630 fünf Kompanien Kürassiere unter Oberst Wingertzky.

Zu all diesen Leiden kamen noch bösartige Krankheiten wie Blattern und Pest dazu. Allein die Pest raffte in der Schönberger Kirchgemeinde von Juni bis November 1630 insgesamt 328 Menschen dahin.

Besonders grausam hauste 1630 der Rittmeister Moritz von Putbus mit seiner Kompanie Reiter im Bistum. Selmsdorf, Schönberg, Rabensdorf und Falkenhagen wurden ausgeplündert. Aber auch in den übrigen Dörfern litt die Bevölkerung entsetzlich unter der Soldateska.

Im Herbst war dann die Zeit der kaiserlichen Besatzung vorbei. Am 06.10.1630 verließen die letzten kaiserlichen Truppen Schönberg.

Nur wenige Stunden nach dem Abzug der kaiserlichen Truppen zogen die ersten schwedischen Soldaten ein, marschierten aber nach kurzem Aufenthalt weiter. Dann kam die finnische Reiterei. Für die Bevölkerung war es nur ein Wechsel der Kriegsherren. Gerade das Bistum Ratzeburg hatte unter der schwedischen Herrschaft zu leiden, weil sich Bischof August angeblich weigerte, mit dem König von Schweden zu kooperieren. Nach der Zahlung einer Kontribution von 8500 Rtlrn. zogen die Schweden wieder ab. Sie ließen in Schönberg eine Schutztruppe von 50 Mann zurück, welche durch die Bevölkerung ernährt werden musste. Trotz aller Abmachungen, Zahlungen und Verhandlungen rückten 1632 in die umliegenden Dörfer von Schönberg ganze Regimenter ein.

Die Einwohner begannen langsam aufzubegehren. Dies ist nicht verwunderlich, denn von den 708 Hufen des Stiftes waren schon 247 wüst geworden und völlig heruntergekommen. Im Amt Schönberg lagen 94 von insgesamt 312 Hufen wüst. Das wenige Vieh wurde ständig von Wölfen bedroht. Rinder gab es fast gar nicht mehr.

Noch vor Jahresende 1632 zogen die Schweden wieder ab. Das Jahr 1633 begann ruhig. Bis Mitte des Sommers gab es keine Belästigungen. Am 17. August erschien Major Henning von Fulda mit seinen Reitern und 39 Pferden aus Sachsen kommend in Schönberg, Er zog aber am 23. September wieder ab. Die Unterhaltung seiner Truppe kostete 341 Rtlr., 215 Rtlr. mehr als vereinbart. Major von Fulda ließ sich noch persönlich 120 Rtlr. auszahlen, damit er endlich abzog. Über das Jahr 1634 werden keine “Drangsale” berichtet. Man erfährt nur, dass die Ernte sehr schlecht war und die Not der Untertanen stieg immer höher. Vorräte waren nicht mehr da und das Vieh so verhungert, mager und dürr. So ging man in den Winter hinein, der schwer war wie keiner zuvor.

Das Jahr 1635 brachte dann Anfang Februar die nächste Einquartierung. Es war der Obrist Johann Boy mit seinem Regiment von 8 Kompanien, dessen Truppe von ihm bei Lebensstrafe angehalten war, sich anständig zu benehmen. Sie nahmen Quartier in Molzahn, Mechow unsd Schlagsdorf, drei Kompanien im Amt Schönberg und zwei im Amt Stove. Aber die Bauern hatten weder Brot noch Raufutter. Die Not war so groß, dass Bischof August beschloss, zur Unterstützung seiner Untertanen Korn aufzukaufen. Ende Mai zog Boy mit seiner Truppe ab. Diese Einquartierung kostete das Stift 13490 Rtlr. 16 Schilling.

Um die nächste angekündigte Einquartierung vom Obristen von Moltke und seinem Reiterregiment abzuwenden, sollte sich das Stift für 10000 Rtlr. freikaufen. Es wurden Kredite aufgenommen und der letzte Schilling von den armen Leuten erpresst. 6000 Rtlr. kamen so zusammen.

1636 stirbt Bischof August. Das Jahr wurde dann zu einem weiteren Schreckensjahr für das Bistum. Nach einer Ordre des Herzogs Georg von Braunschweig und Lüneburg sollte nun eine Kompanie Reiter vom Berghowerischen Regiment einquartiert werden. Bereits am 07. Januar rückte der Obrist Krakow mit seinem Regiment im Boitiner Landesteil ein, gefolgt von einem zweiten Regiment. 12 Nächte blieb die Soldateska und machte 12000 Taler Schaden.

Die Dörfer waren vollends wüst geworden, kaum noch vier oder fünf Bauern in den einzelnen Ortschaften vorhanden, manche ganz verlassen, wie Lindow, Falkenhagen, Menzendorf, Blüssen und Grieben. Ein noch düsteres Bild bietet die Vogtei Stove. Dort kamen die Truppen am 10. Januar, geführt von Obristleutnat Johann Reuschel von Mondschein und nahmen in sieben Dörfern um Carlow und Stove Quartier. 12 Nächte blieben sie im Stift und verursachten 12000 Rtlr. Schaden, so dass nun die Dörfer vollends wüste geworden, und dass statt 10, 15 und mehr Bauern jetzt kaum 4 oder 5 noch vorhanden waren.

Im Februar wurde das Stift wieder zum Rekruten- und Musterungsplatz angewiesen: es sollten 5400 Taler, nur Rekrutengelder, gezahlt werden, jedoch verglich man sich auf 1114 Taler 32ß. Bis Mai blieben die Truppen und es wurde ihnen ein gutes Betragen nachgesagt. Diese ganze Einquartierung kostete 8100 Taler. Die Lage im Bistum aber war unverändert schlecht.

In den nächsten Jahren folgten nur die üblichen Kontributionen. Der Rittmeister Plato, der mit seiner Truppe im Winter 1637 und 1638 im Stift lag, verursachte einen Schaden von 2050 Rtlrn. Um die Not der Einwohner zu lindern, wurde ihnen Saatkorn geliefert, so dass sie noch 1637 den Acker bestellen konnten. Dagegen war die Wintersaat 1638 nur sehr schlecht eingebracht worden, da nur noch wenig Vieh vorhanden war.

Im Kirchspiel Schönberg starben 1637/1638 insgesamt 318 Menschen an der Pest, im Amt Stove waren es 1038.

1639 war das Bistum dann endlich frei von Truppen jeglicher Art und der Bischof versuchte mit Hilfe einer Schutztruppe Ende des Jahres der umherziehenden “Streifer” und Pferdediebe, die die Gegend unsicher machten, Herr zu werden.

1640 waren wieder viele Felder unbearbeitet. Dann ebbte der Krieg langsam ab. Es gab nur noch vereinzelte Bedrängnisse. Aber die Menschen hatten mit anderen Begleiterscheinungen des großen Tötens zu kämpfen. So wird 1644 berichtet, dass die Wölfe so überhandgenommen haben, dass die Leute ihr weniges Vieh davor nicht retten konnten.

Der Westfälische Frieden 1648 beendete den Dreißigjährigen Krieg und aus dem Hochstift Ratzeburg entstand das Fürstentum Ratzeburg, das in das Herzogtum Mecklenburg eingegliedert wurde. Damit gab es keinen Bischof oder Administrator mehr. Die Verwaltung des Fürstentums blieb im Kirchlichen beim Kapitel, die Staatsgewalt ging an das Herzogtum Mecklenburg-Schwerin. Masch schreibt dazu:

Unter den Landestheilen von Deutschland, welche die Krone Schweden als Entschädigung und Belohnung für die gemachten Aufopferungen und geleisteten Dienste begehrte, waren auch die Mecklenburgische Stadt Wismar mit der Festung, dem Walfisch, die Aemter Poel und Neukloster und der Zoll bei Warnemünde. Vergeblich waren die Vorstellungen, die der Mecklenb. Gesandte, D. Abraham Kayser, der Forderung entgegensetzte; Schweden wollte nicht von ihr ablaßen und um den Frieden nicht zu verzögern, mußte Mecklenburg einwilligen. Evangelischer Seits geschah (1646) der Vorschlag, Mecklenburg unter andern auch durch das Bisthum Ratzeburg zu entschädigen und da die Catholiken keine Hoffnung hatten, dies Stift für sich wieder zu gewinnen, so fügten die Kaiserlichen Gesandten ihre Zustimmung zur Abtretung der Stadt Wismar hinzu (10. Nov.): wenn der Herzog darin willige, so solle ihm allein das Recht über das Bisthum Ratzeburg zustehen, mit Ausschluß aller übrigen, durch Wahl oder Postulation des Capitels daran Ansprüche machen könnten.“(Masch, S. 7163))

Der vom 14/24. Oct. in Osnabrück datirte Frieden (bekanntlich ward er mit Schweden schon am 8. August geschlossen; aber erst 15/25. Oct. publicirt) bestimmt in seinem 12. Artikel, so weit es Ratzeburg angeht, wörtlich folgendes:“

,,Für dasjenige aber, so dem Herzog von Mecklenburg Schwerin Herrn Adolph Friedrich mit der Veräußerung der Stadt und Hafens Wismar abgeht, soll ihm und seinen männlichen LeibesErben zukommen die Bisthümer Schwerin und Ratzeburg als ein immerwährendes unmittelbares Lehn (jedoch vorbehältlich des Hauses Sachsen-Lauenburg und anderer benachbarten, wie auch besagten Stifts, hinwieder an ihren zuständigen Rechten) sammt allen Gerechtigkeiten, schriftlichen Urkunden, Archiv Registern und andern Zugehörungen, auch Freiheiten an beiden Orten, nach Abgang der jetziger Zeit residirenden Canonicorum die Canonicaten abzutilgen und alle Aufkünfte und Gefälle der fürstl. Tafel zu appliciren und solle auch dieses Stiftes wegen bei den Reichs und Niedersächsischen Kreisconventen seine Sesion, auch zweifache fürstl. Titul und Stimme haben. Und obzwar dessen BruderSohn, Herr Gustav Adolph, H. z. M. zu Güstrow hiebevor Administrator zu Ratzeburg designirt worden, dieweil er nicht weniger als seines Vatern Bruder die Restitution seiner Herzogthümer erhalten, hat man vor billig erkennet weil seines Vatern Bruder von Wismar absteht, daß auch Er hingegen dieses Bisthums sich begebe und dasselbe abtrete. Es sollen aber besagtem Herrn Gustav Adolph zu einer Wiederlage zwei derjenigen Canonicaten, so nach gegenwärtiger Vergleichung der Gravaminum den Augsburgischen Confessions: verwandte gebühren, eins im Stifte Magdeburg, das andere im Stifte Halberstadt so mit den ersten ledig fallen, conferint und gegeben werden.“ (Masch, S. 719 ff. 3))

Das Fürstentum Ratzeburg

Die Verleihung der Bischofswürde im Bistum Ratzeburg war zuletzt eine sehr komplizierte. Die mecklenburgische und die lüneburgische Linie sollten sich in der Bischofswürde ablösen. Dabei sollte nur die Linie Mecklenburg-Güstrow berücksichtigt werden, da die letzten beiden Bischöfe vor Bischof August (Lüneburger) aus dem Hause Güstrow stammten (Christoph und Karl). Mit Gustav Adolf wurde dann der nächste Bischof wieder ein Mecklenburger Herzog aus der Güstrower Linie. Vielleicht war 1648 schon klar, dass die Güstrower Linie unter Gustav Adolf auf Grund fehlender männlicher Erben aussterben würde, oder die langjährige Regentschaft von Herzog Adolf Friedrich I. über die Herrschaft Güstrow spielte eine Rolle, oder die Tatsache, dass die Gebiete, die den Schweden überlassen werden sollten im Gebiet der Herrschaft Schwerin lagen – jedenfalls tauchte in den Verhandlungen 1648 immer nur der Name Adolf Friedrich I. auf. So fiel das Bistum Ratzeburg zunächst auch an ihn. Dies war sicherlich auch mit ein Grund für die Erbstreitigkeiten, die nach einem 5-jährigen Erbfolgestreit nach dem Tode Gustav Adolfs zum Hamburger Vergleich 1701 führten. Adolf Friedrich II., Sohn Adolf Friedrich I. und Schwiegersohn von Gustav Adolf, stellte zunächst Ansprüche auf die Herrschaft Güstrow. Nach dem Hamburger Vergleich wurde ihm dann Mecklenburg-Strelitz zugesprochen zu dem auch das Fürstentum Ratzeburg gehörte. Dies könnte vielleicht ein Grund dafür sein, wie es zu der territorialen Konstruktion des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz gekommen ist.

Mecklenburg nach der dritten Hauptlandesteilung (Hamburger Vergleich 1701)

Der Hamburger Vergleich beschloss die dritte mecklenburgische Hauptlandesteilung durch eine Erbschaftsteilung des vormaligen Güstrower Teilherzogtums. Es entstanden die begrenzt autonomen (Teil-) Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Beide Landesteile wurden jeweils aus mehreren Herrschaftsteilen gebildet:

  • Mecklenburg-Schwerin aus dem Herzogtum Mecklenburg, dem Fürstentum Wenden (Werle), dem Fürstentum Schwerin (d. h. dem säkularisierten Hochstift Schwerin), der gleichnamigen Grafschaft Schwerin sowie der Herrschaft Rostock. (Wismar gehörte zu diesem Zeitpunkt zu Schweden).
  • Mecklenburg-Strelitz aus dem Fürstentum Ratzeburg an der mecklenburgischen Westgrenze südöstlich von Lübeck, der Herrschaft Stargard im mecklenburgischen Südosten mit den Städten Neubrandenburg, Friedland, Woldegk, Strelitz, Stargard, Fürstenberg und Wesenberg, sowie den Komtureien Mirow und Nemerow.

Dem neuen Landesteil Mecklenburg-Schwerin wurde im Vertrag innenpolitisch eine weitgehende Vorrangstellung zugewiesen. Im Niedersächsischen Reichskreis war der mecklenburgische Gesamtstaat weiterhin mit 4 Stimmen vertreten, von denen fortan Mecklenburg-Schwerin 3 und Mecklenburg-Strelitz 1 Stimme besaßen.

Zwischen beiden Landesteilen von Mecklenburg-Strelitz lag Mecklenburg-Schwerin in seiner ganzen Breite, wodurch eine Zentralverwaltung für das Fürstentums von dort aus sehr schwierig wurde. Daher blieb zunächst auf dem Domhof Ratzeburg eine fast völlig selbständige Verwaltung bestehen, die später nach Schönberg umzog. Das Bistum wurde nicht einverleibt, sondern behielt seine von Strelitz getrennten Behörden. Das Fürstentum Ratzeburg wurde in drei Ämter aufgeteilt: Schönberg und Stove, die zum bischöflichen Tafelgut gehört hatten, und Schlagsdorf, das die verstreuten Kapiteldörfer umfasste. Das Bistum hatte schon nach der Säkularisation unter weltlicher Herrschaft seine Eigenständigkeit bewahrt. Schonend wurden die alten Verhältnisse in die neue Zeit übergeleitet.

Im Bistum hatte es bis auf wenige Ausnahmen (Torisdorf) keine adligen Grundherren gegeben. Hier war das unpersönliche Stift, bestehend aus Bischof und Domkapitel, als direktoraler Grundherr an einer freien, wohlhabenden, sesshaften Bauernschaft interessiert, eine persönliche Willkür gegenüber den Untertanen konnte so nicht entstehen. Anders war es im mecklenburgischen Nachbargebiet, wo die Ritter allmählich zur Eigenwirtschaft übergegangen waren und eine Grundherrschaft ausübten, woraus sich später die Gutswirtschaft entwickelte, in der die Bauern alle Dienste zu leisten hatten und leibeigen wurden.

Bis zum Anfang des 17. Jh. gab es in ganz Mecklenburg ein selbständiges Bauerntum und es bestanden Erbpachthöfe. 1607 wurde den Bauern im ritterschaftlichen Landesteil auf dem Landtag in Güstrow das bisher gewohnheitsmäßig genutzte Erbzinsrecht abgesprochen. Bauernhufen gehörten fortan den Gutsherren der Ritterschaft, wenn der Bauer sein Erbzinsrecht nicht schriftlich vorweisen konnte. Dies war jedoch nur selten möglich, da die Erbzeitpacht seit Jahrhunderten gewohnheitsrechtlich bestand und niemand sich gezwungen sah, Urkunden anzulegen. Die Verankerung der Leibeigenschaft in Mecklenburg begann nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, welcher den Grundstein zum völligen Niedergang des mecklenburgischen Bauernstandes in den ritterschaftlichen Landesteilen legte. Durch die Dezimierung der Bevölkerung auf ein Sechstel wie vor dem Krieg konnten nur etwa ein Viertel der verlassenen und verwüsteten Bauernstellen wieder besetzt und bewirtschaftet werden. Die weitgehende Entvölkerung des Landes führte zum Arbeitskräftemangel auch auf den Gutshöfen. Die Gutsherren konnten sich leicht gegen den stark dezimierten und ruinierten Bauernstand durchsetzen und es kam zum Bauernlegen in großem Ausmaß (Bauernhöfe wurden durch die ritterschaftliche Gutsherrschaft eingezogen und dem eigenen Grundbesitz einverleibt). Damit übernahmen sie auch die Arbeitskräfte von diesen Bauernhöfen als leibeigene Bauern, die ihnen vollständig hörig waren. So hatten sie auch die Polizeigewalt und die niedere Gerichtsbarkeit über ihre Bauern. 1646 wurde die Mecklenburgische Gesindeordnung erlassen und 1654 erweitert. Im Bistum dagegen erhielt sich bis in das 17. Jahrhundert in einer seltsam altertümlichen Form das Landgericht, wo unter Leitung des landesherrlichen Beamten die freie Bauernschaft unter freiem Himmel zusammentrat, und das Recht sprach (Schlagsdorfer Gerichtslinde, Bechelsdorfer Gerichtslaube, Schönberger Amtshaus, Stove, Petersberg). Die Bauernschaft entschied in der niederen Gerichtsbarkeit durch einen Ausschuss von 20 bis 24 Männern. Es herrschte kein geschriebenes Strafgesetz, sondern mündlich überliefertes Gewohnheitsrecht. Nie waren die Stiftsbauern in Hinsicht auf Freiheit des Wohnsitzes oder Eheschließung beschränkt worden. So wurden hier die alten, guten Traditionen aus den Zeiten der Kolonisation aufrechterhalten

Nachdem die selbständigen Bauern versuchten die Folgen des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden, zogen neue Kriege über das Land. Auch vor dem Großen Nordischen Krieg (1700-1721) blieb das Fürstentum nicht verschont. Stellten sich die Russen vom Osten her ein, so rückten die Dänen vom Westen heran, um das schwedische Wismar zu nehmen. Wieder lebte die Soldateska von den Reichtümern des Landes und machte 50 Jahre Aufbauarbeit zunichte. Zur Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) setzte eine Geldentwertung ein. Das Geld verschwand und wanderte in die preußischen Münzen, von wo es in minderwertiger Form zurückkehrte.

1755 trat der Landesgrundgesetzliche Erbvergleich (LGGEV) für Mecklenburg in Kraft. Das Fürstentum Ratzeburg war von diesem Vertrag nicht betroffen. Dieses Vertragswerk bildete den Rahmen für alle gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen Mecklenburgs und blieb als Grundgesetz der landständischen Verfassung bis zum Ende der Monarchie 1918 geltendes Recht. Der Vertrag trug mit dazu bei, dass Mecklenburg am Ende der Monarchie als rückständigstes deutsches Territorium galt. In § 334 dieses Vertrages wurde das Bauernlegen zur Vergrößerung des eigenen Gutshofes noch einmal offiziell legitimiert. Lediglich die Niederlegung ganzer Dörfer bedurfte der Zustimmung des Landesfürsten (§ 336), damit die vollständige Verarmung ganzer Landstriche verhindert werden konnte.

Um 1800 setzte eine Agrarreform ein. Die bisherige Gemengelage, die sich aus der Dreifelderwirtschaft ergeben hatte, war zum Teil schon durch die Verkoppelung der Ländereien aufgehoben. Bei der nun folgenden Regulierung wurde den Bauern das Eigentum an ihren Stellen zugesprochen. Dafür mussten sie allerdings ein Stück Acker abgeben; denn bei dem bestehenden Holzmangel war eine Neuaufforstung notwendig. Um den Eigenbedarf an Holz zu decken, wurde den Bauern aufgegeben, Buschkoppeln anzulegen und die Felder nach holsteinischem Muster mit Wallhecken (Knicks) einzufriedigen, die dem Landschaftsbild im Gegensatz zu der breiten, offenen mecklenburgischen Landschaft den charakteristischen Reiz verleihen.

Durch die Regulierung der Dörfer gestaltete sich die Bewirtschaftung der Bauernstellen einfacher. Der mittelalterlich-weitläufige Wust von Abgaben wurde jetzt in Form eines Grundzinses zusammengefasst. Der Bauer konnte seine Stelle frei vererben, nur die Unteilbarkeit der Stelle blieb bestehen. Bei Veräußerung einer Stelle an Fremde musste der sogenannte Zehnte und Zahl-Schilling geleistet werden, der 16 ¼ % des Verkaufspreises von Grund und Boden nebst Gebäuden betrug. Diese Bestimmung bestand zu dem Zweck, die Sesshaftigkeit der Bauern zu fördern und den Verkauf der Höfe an Fremde zu erschweren.

Die Napoleonische Zeit brachte noch einmal Schrecken über das Land. Nach der Schlacht bei Jena 1806 flutete das preußische Heer durch Mecklenburg zurück. Die französische Heeresabteilung, von der Blücher verfolgt wurde, kam am 5. November 1806 durch Schönberg. Bei der mehrtägigen Plünderung verloren viele Einwohner ihr gesamtes Hab und Gut. Doch das war erst der Anfang. Da die Verkehrsstraßen Schwerin-Lübeck und Wismar-Hamburg durch das Land führten, hatte es unter den Durchzügen der Truppen ungemein zu leiden. Überdies legten russische Schiffe häufig vor Travemünde an. Bisweilen sah das Land wie ein Feldlager aus. Die französischen Truppen mussten kasernenmäßig verpflegt werden. Wieder wurden die Einwohner barbarisch von Soldaten gequält und misshandelt. Von Stettin über Lübeck nach Hamburg richteten die Franzosen 1810 eine Briefbeförderung ein. In Schönberg hatten daher zwei leichte, mit Pferden bespannte Wagen bereitzustehen, die von den Bauern gestellt werden mussten.

Mit den Befreiungskriegen kam das Schreckensjahr 1813. Das Fürstentum Ratzeburg wurde Kriegsschauplatz. Am 5. September erzwangen Franzosen und Dänen auf der Flucht vor den russischen Truppen den Übergang über die Maurinebrücke der Sabower Straße in Schönberg. Um den Verfolgern das Nachsetzen zu erschweren, zündeten sie die Brücke samt dem Torhaus an, ebenfalls die an der Straße gelegenen Häuser. Bald standen 22 größtenteils strohbedeckte Häuser bis zum Kalten Damm in Flammen. Nach gründlicher Plünderung des Ortes zogen sich die Franzosen und Dänen nach Lübeck zurück. Bei der Verfolgung fiel der Kommandeur der hanseatischen Legion, Major von Arnim, der in der Schönberger Kirche beigesetzt wurde. In dem Gefecht bei Schlagbrügge am 6. Oktober waren Schullsche Husaren und Lützowsche Jäger beteiligt, darunter viele Mecklenburger C-Husaren des Herzogs Karl II., dessen Sohn Georg in der Schönberger Apotheke Quartier bezogen hatte. Theodor Körner von der Lützowschen Freischar war bereits in den letzten Augusttagen unweit Rosenhagen bei Gadebusch gefallen. Am zweiten Weihnachtstag wurden 60 vierspännige Wagen zum Transport der russischen Truppen benötigt. Im Januar 1814 ging schwedische Kavallerie durch das Fürstentum. Diese befreundeten Truppen benahmen sich so schlecht, dass die Quartierwirte in der Winternacht ihre Wohnungen verließen und den schlimmen Gästen alles preisgeben mussten.

Da die Regierung auf dem Ratzeburger Domhof in der Zeit der Befreiungskriege versagte, übernahm der Gerichtsrat und Amtmann Twachtmann in Schönberg die Verwaltung des Landes und hielt die Verbindung mit der Landesregierung in Strelitz aufrecht. Die Ratzeburger Regierung auf dem Domhof wurde daher 1814 aufgelöst und statt ihrer eine Landvogtei in Schönberg mit Justiz- und Domänenamt eingerichtet. 1822 erhielt Schönberg das Stadtrecht.

Infolge der Regulierung konnten sich die Bauern mit einer geringeren Zahl von Arbeitskräften begnügen. Viele Tagelöhner wurden brotlos, und der Stand sah seine materielle Sicherheit gefährdet. Für einen Gekündigten fand sich nicht leicht eine Arbeitsstelle, und die Schwierigkeit, das Niederlassungsrecht zu erwerben, hinderte ihn, eine Familie zu gründen. Um einer Abwanderung, wie sie in jenen Jahren im östlichen Mecklenburg einsetzte, zu begegnen und die wirtschaftliche Notlage zu beheben, wurden Chausseebauten zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung durchgeführt. So entstanden 1817 der Kalte Damm in Schönberg; 1835 die Chaussee Schönberg-Ratzeburg; 1842 die Marienstraße und die Schweriner Chaussee; 1844 die Chaussee Schönberg-Selmsdorf-Schlutup und 1855 begann der Bau der Rupensdorfer Chaussee. Zugleich wurde eine Kanalisierung der Maurine und der Bau des Schönberger Hafens durchgeführt, in dem gelegentlich Frachtkähne erschienen, die von Lübeck Kalk und Mauersteine brachten.

Von der demokratischen Bewegung des Vormärz und der Deutschen Revolution 1848/1849 war das Fürstentum Ratzeburg verhältnismäßig wenig betroffen – es blieb dort „alles beim alten“. Die Unruhen der vierziger Jahre erforderten eine Verstärkung der Polizei. Deshalb wurde neben den bisherigen Distriktshusaren ein Gendameriekorps zu Fuß eingesetzt.

Großherzog Friedrich Wilhelm II. regierte von 1860 bis 1904 ein anfangs überschuldetes Land Mecklenburg-Strelitz mit einem harten Sparkurs. Das reiche Fürstentum Ratzeburg wurde dabei durch den Schuldenabbau finanziell wesentlich stärker als das ärmere Land Stargard belastet. Folge waren kultureller und wirtschaftlicher Stillstand.

1870 wurde das Fürstentum durch die Bahnlinie Hamburg-Stettin aufgeschlossen. Haltepunkte waren zuletzt: Herrnburg, Schönberg, Menzendorf, Grieben. Eine Anschlusslinie Schönberg-Dassow entstand 1905, 1952 aber wieder stillgelegt. Neue Chausseen waren nach 1860 nicht entstanden, und die vorhandenen verfielen. Ebenso wenig entwickelte sich das Schulwesen. Nur das Medizinalwesen konnte verbessert werden. Bereits seit 1754 bestand ein Kreisphysikrat und seit Beginn des 19. Jh. ein Medizinal Kollegium.

Die Frage nach einer eigenen Verfassung und deren Gestalt beschäftigte das Fürstentum die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach 1848 hatte Ratzeburg als einziges Territorium in Deutschland keine eigene Verfassung. Es war auch kein eigener Bundesstaat des Deutschen Bundes, sondern hatte einen staatsrechtlich unklaren Status zwischen Personalunion und Teil des großherzoglichen Domaniums. Nachdem ihre Bittschriften an den Großherzog erfolglos geblieben waren, richteten Bürger des Fürstentums 1867 eine Petition an den Bundesrat des Norddeutschen Bundes: „Die Mecklenburgische Regierung zu ersuchen, in das Fürstentum Ratzeburg auf dem einen oder anderen Wege eine solche Verfassung einzuführen, welche den Anforderungen des Artikels XIII der Verfassung des ehemaligen Deutschen Bundes zu genügen geeignet sei.“ Ein Beschluss des Bundesrates in dieser Sache war noch nicht ergangen, als am 6. November 1869 Großherzog Friedrich Wilhelm II. dem Fürstentum Ratzeburg eine Verfassung verordnete, die jedoch auf erbitterten Widerstand der Stadtbürger und Bauern traf. 1870 erhoben sie Beschwerde über die Verfassung beim Bundesrat unter Berufung auf Art. 76 Abs. 2 der Verfassung. Der Bundesrat wies die Beschwerde durch Beschluss vom 1. Mai 1870 zurück mit der Begründung, dass hier ein Verfassungsstreit im Sinne des Art. 76 Abs. 2 nicht vorliege. Obwohl der Reichstag darauf auf Antrag der Petenten in der Sitzung vom 12. Juni 1872 beschlossen hatte „die Petition dem Reichskanzler behufs wiederholten Versuchs gütlichen Ausgleichs des noch schwebenden Verfassungsstreites durch den Bundesrat zu überweisen“, bestätigte der Bundesrat seinen früher gefassten Beschluss am 11. März 1873. Die Bürger Schönbergs und die Bauern boykottierten daraufhin die Sitzungen des neugeschaffenen mecklenburgischen Landtags für das Fürstentum und machten ihn beschlussunfähig. Erst nach Zusage von Reformen konnte der Landtag schließlich im Februar 1906 erstmals beschlussfähig tagen. Die Verfassungsfrage Ratzeburgs wurde von vielen als symptomatisch für die Reformbedürftigkeit der Verfassung Mecklenburgs insgesamt gesehen und beschäftigte mehrfach den Reichstag in Berlin.

Mit den Reichsjustizgesetzen erhielt das Fürstentum 1877 eine neue Justizstruktur. Die bisherigen Gerichte wurden aufgehoben. Der Gerichtssprengel des neu eingerichteten Amtsgerichts Schönberg umfasste das Fürstentum Ratzeburg. Wegen der weiten Entfernung zum zuständigen Landgericht Neustrelitz richtete dieses eine eigene Strafkammer am Amtsgericht in Schönberg ein

Das Vorhaben, das Fürstentum mit einem neuen Landesgrundgesetz für Mecklenburg zu einem gleichberechtigten Teil des Großherzogtums zu machen, kam bis zum Ersten Weltkrieg (1914–1918) nicht über ein Entwurfsstadium hinaus. 1918 erlosch das Fürstenhaus Mecklenburg-Strelitz und das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz wurde Freistaat. Das bisherige Fürstentum Ratzeburg erhielt nun den Namen „Land Ratzeburg“ und wurde im Landesgrundgesetz für Mecklenburg-Strelitz von 1919/1923 völlig gleichgestellt. 1937 kommen Dom und Domhof Ratzeburg durch das Groß-Hamburg-Gesetz vom Land Mecklenburg, zu dem 1934 die Freistaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz vereinigt worden waren, nach Schleswig-Holstein.

Quellen:

  1. Mecklenburgisches Urkundenbuch, Herausgeber Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd. I., 788-1250, Schwerin, Verlag der Stillerschen Hofbuchhandlung, 1863;
  2. Die Stiftsländer des ehemaligen Bisthums Ratzeburg topographisch und geschichtlich dargestellt. Mit einer Vorrede des Hofraths und Professors Norrmann, Joachim Heinrich Neuendorf, Rostock und Schwerin, Verlag der Stillerschen Hofbuchhandlung, 1832;
  3. Geschichte des Bistums Ratzeburg, Gottlieb Matthias Karl Masch, Lübeck, Friedrich Aschenfeldt, 1835;
  4. Wikipedia
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