Totenrede gehalten Rudolf Heitmann
Meine lieben Leidtragenden! - Der große Kampf des Lebens mit dem Tode ----, die Stürme schweigen - Tiefe Stille ist eingekehrt, Vor mir habt Ihr Euer Opfer aufgebahrt - Ein Opfer so riesengroß, daß Ihr noch davon reden werdet, wenn Euer Haar grau wird, wenn Euer Leben sich neigt. Wohl - trauernde Leidtragende - Gottes Sonne ist untergegangen - über diesem Hause liegen die dunklen Schatten der Nacht. Wohin ich sehe, schaut mein eigenes Weh mich an. Der beiden mutterlosen Kinder in der Wiege. Eure Mutter, Eure Nährerin, Euer Engel, Euer alles ist fort. Trauert all mit dem jung verlassenen Gatten. Sein Liebesglück ist ihm gebrochen, das Teuerste, was er auf Erden hatte, liegt vor ihm, kalt und tot. Bis in den Himmel hinauf dringt das Weh. Herr erbarm Dich seiner. Sie wird Euch fehlen auf allen Wegen, in Not, in Versuchung, in Zucht in Beispiel - ihr warmes mütterliches Herz schlägt Euch nicht mehr, Nehmet liebe Leidtragende Euch alle Ihrer an. Wo willst Du hingehen mit Deinem Schmerz, wo willst Du hinfliehen mit Deinem Herzleid. Kommst Du ins Haus hinein, so ist es da, kommst Du aus dem Arbeitstritt, so ist es noch da - Aber nimmst Du Deine beiden Kinder und schaffst für sie, so wird eine liebende Hand Dich leiten und die tote Mutter Dich segnen. Und Euch ihr Eltern Geschwister. Ihr habt die Tote liebgehabt. Ihr sanftes frohes Gemüt hat Euch erfreut. Mit großer Geduld, hat sie ihr Leiden getragen, Wie hat sie ihr Kind geliebt, treu ihre Eltern. 7 Monate war sie bei ihnen in Glück und Frische und Wohlbefinden. Welchen Kampf es ihr gekostet hat, die Eltern mit ihrer Wahl auszusöhnen, welche Bedenken, welchen Widerstand sie überwand - davon schweigt ihr Mund. Sie verließ ihre Eltern und Freunde, Heimat, Vaterland und Volk, um in der Fremde dem Glück treu zu bleiben, das sie gefunden meinte. Grausam war dies Geschick. Mit 21 Jahren in seiner Vollkraft, in der Blüte der Jahre, in seinem ganz kurzen Eheglück kommt der grausige Tod zu Dir. Während noch in diesem Augenblick Deine Eltern, Geschwister über Dich scherzen, liegst Du schon kalt auf der Bahre, keine 5 Wochen in Deutschland und nun tot. Eine beschwerliche Reise überstanden von tief in Polen bis weit nach Deutschland hinein, so wählte sie trotz Völkerraß und grimmen Streit Deutschlands Sohn für einen Ihres Volkes, damit sagte sie sich los von Ihrem Völkertum und nahm deutsches Wesen und Sitte willig an. Aber die dunklen Mächte rasten nicht. Scheinbar, als ob ein Fluch auf diese Frau gelegt. Von wem, wer will das ergründen. So wie ein Roggenkorn in die Furt gelegt, einen Halm mit vielen Körnern hervorbringt und dann stirbt, so hinterläßt sie ein Kinderpaar, deutsch und gut. Aber die Totenklage hebt von neuem an. Junger Mann, wer will Dich verklagen - unschuldiges Kind, wer will Dich beschuldigen? Deine Gattin hält ihren Mund fest verschlossen. Keine Anklage wirst Du je vernehmen, nie wird sie Richter über Euch sein. Dein Leben war ihr Tod, das Schönste ihr Ende.
Mög` das Schicksal gnädig Euch leiten, Vater und Kinder. Wenn ihr Euch wundern müßt im finstern Tal, so fürchtet kein Unglück. Sie ist bei Euch, ihre unsichtbare Hand leitet Euch. Wie die Lichtsignale das Dunkel in Licht verwandeln und bald wieder erlöschen, so tauchst Du auf und verschwindest Du.
Aus des Hauses Frieden wirst Du gehoben junge Schläferin, in des Grabes Frieden bettet man Dich ein. Kein Notgeschrei Deiner kleinen Kinder, noch die Wehklagen Deiner Lieben wird Dich erwecken. Du findest Deine Ruhe in deutscher Erde. Sie hat Dich getragen, sie hat Dich ernährt. Heilige treue Erde wird dich decken, bist eingegangen in das Reich des Todes in der Jugend Kraft gehst Du von den Deinen, Dort oben, wo die Lichter des Himmels leuchten und brennen vermählt sich Deine Seele mit dem heiligen Gott. Alles Sündliche ist gesühnt. Dein Sterben bedeutet Dein Leben in Seligkeit, Dein Grabhügel aber dort draußen wird ein Hügel des Gebetes für die Deinen, dort wirst Du Ihnen besonders nahe sein. Du bist gesühnt, verweslich und wirst auferstehen.
Frau Lübber. Gestorben bei der Entbindung