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Der Bauer

im Fürstentum Ratzeburg

( Rector Masch zu Schönberg )



Über die Verhältnisse der Einwohner des Fürstentum Ratzeburg zu den früheren Landesherren, dem Bischofe und Capitel, enthalten die Urkunden nur vereinzelte Nachweisungen. Aus diesen ergiebt sich nun zuvörderst, daß nie eine Art der H ö r i g k e i t statt fand. In keinem Kaufbriefe über erlangte Dörfer oder Hufen werden die Bewohner als ein erkaufter Gegenstand bezeichnet; auch läßt sich ein Grund für die persönliche Freiheit derselben aus dem bekannten Umstand ableiten, daß die Mehrzahl der ältesten Bewohner des Bisthums Einwanderer aus Gegenden waren, wo keine Hörigkeit bestand. Daher finden wir denn auch förmliche Verhandlungen, wenn die Kirche wieder Güter einziehen wollte, welche sie zum Bebauen ausgethan hatte, so 1285 in Römnitz, und wo sie verpflichtet war, Häuser und Gartenmeliorationen nach dem Taxwerth zu vergüten; wir finden, daß Dorfschaften Grundstücke als Eigenthum erkauften, so 1320 in Mahlzow; oder daß ganze Höfe zu Bauerrecht gelgt und den Bauern eingethan wurden, so Rodenberg 1379; wir treffen ein Landgericht, wo die Unterthanen unter sich selbst das Urtheil finden; aus allen diesen Umständen, die sich leicht vermehren ließen, geht eine persönliche Freiheit unwiderleglich hervor, die übrigens auch nie angefochten ward und noch jetzt, wie die Bauern selbst es deuten, durch das Tragen des Degens bei Vertrauungen angezeigt wird.

Unter welchem Rechtstitel nun die Bauern die von ihnen cultivirten Hufen besaßen, ist viel fältig in neueren Zeiten zur Sprache gekommen; durch eine rechtskräftig gewordene Wetzlarsche Entscheidung vom 23. Juni 1797 steht jetzt fest, daß das bäuerliche Besitzrecht auf einem erblichen Colonat sich gründe, von einem wahren Eigenthum der Bauern also n i c h t die Rede sein könne. Wie die Debuction geführt ward, aus welcher diese Entscheidung herschloß, welche jetzt nur noch für die wenigen, nicht regulierten Dorfschaften von Belang ist, ist nicht bekannt. Die Richtigkeit derselben zu bestätigen oder anzufechten ist hier nicht der Ort, jedoch drängt es sich auf, daß es natürlicher gewesen wäre, an ein ächt deutsches Erblehn zu denken, als an eine römische Emphyteusis, zumal da einzelne Fälle vorhanden sind, die ganz die Form des Lehnswesens an sich tragen, wie z.B. die Schlagsdorfer Kirche von einem Stücke Land auf dem Rieper Felde nur dann eine Reccognition erhielt, wenn der Besitzer der Stelle sich änderte.

Die Bauernstellen erben, wie es die Constitutionen vom 30. Juli 1776 bestimmte, welche alte Gewohnheit und den bisherigen Gerichtsgebrauch gemeinkündig machte, in absteigender Linie mit Ausschluß der Seitenverwandten fort und zwar so, daß vorzüglich auf den ältesten Sohn gesehen werden sollte, jedoch dem Vater die Freiheit zu lassen sei, denjenigen von seinen Söhnen zum Nachfolger im Gehöfte zu erwählen, dem er es, als einem tüchtigen Wirth, am liebsten gönnet, nur soll der Vater es der Amtsobrigkeit gehörig anzeigen, und den Amtsconsens darüber erwarten. Tritt der Vater dem Sohne das Gehöft noch nicht ab, so bleibt dieser nebst seiner Frau, als Knecht und Magd, so lange der Vater lebt, bei den Eltern im Lohn und Kost, und muß sich des Vaters Tode mit der Mutter wegen des Altentheils, mit den Geschwistern wegen der landesüblichen Abfindung vergleichen. Die Brüder bekamen gemeiniglich ein Ehrenkleid und ein Pferd und bei ihrer Verheirathung die halbe Hochzeit; die Schwestern eine Aussteuer, ein gemachtes Bette (ohne Bettgestelle), eine Lade mit Kleidung und Leinwand, 1 Kuh, Schafe, 2schweine und die halbe Hochzeit, dazu 2 Anzüge und ein weißes Halstuch mit Spitzen. Die unverheiratheten Geschwister pflegten gemeiniglich gegen den gewöhnlichen Dienstlohn, der meistens in Erzeugnissen der Landwirthschaft, in Leinwand, Kleidern und einigem Gelde bestand, bei der Stelle zu bleiben. Trat der Vater aber bei seinem Leben noch die Stelle dem Sohne ab und ging aufs Altentheil, so ward dieser nach Dorfgebrauch gerichtlich reguliert, die Eltern blieben aam Tische des Hauswirths, erhielten Korn und einige Obstbäume und wurden demnächst von den Bauern begraben, ohne daß die übrigen Kinder zu den Kosten beitrugen. Der neue Besitzer gelobte mittelst Handschlages: die Stelle als ein guter Hauswirth zu bewirthschaften, der Landesherrschaft und sonsten die schuldigen Leistungen abzutragen, alle Dienste unweigerlich zu beschaffen und sich als getreuer Unterthan zu beweisen. So ward ihm denn die Stelle überlassen, damit er solche nach Landesordnung und Gebrauch nutzen und genießen möge, auch ihm verheißen, daß er und seine ehelichen Leibeserben, wenn er alle Obliegenheiten getreulich erfülle, bei dem Genuß dieser Stelle ungestört erhalten werden solle, auch ihm aller obrigkeitlicher Schutz zugesichert und ihm über dies Alles unter des Amtes Hand und Siegel ein Hausbrief ertheilt.

Auch die unmündigen Kinder schließen des Vaters Geschwister von der Erbfolge aus; der verwittweten Mutter aber steht es frei, sich zu verheirathen und ihrem Manne die Stelle bis zur Mündigkeit der Erben zu bewirthschaften; dann erhält sie und der Stiefvater, der Jahrenwohner genannt wird, ein Altentheil , konnten aber eben so wenig als die Kinder der zweiten Ehe eine Absprache an die Stelle machen, es sei denn, daß diese von der Mutter herrührte, denn die Töchter hatten, wenn keine rechtmäßigen Söhne da waren, Erbrecht an die Stelle machen, es sei denn, daß diese von der Mutter herrührte, denn die Töchter hatten, wenn keine rechtmäßigen Söhne da waren, Erbrecht an die Stelle und soll auch da vorzüglich auf die älteste Tochter Rücksicht genommen werden. Wären aber keine rechtmäßigen Söhne und Töchter vorhanden, so kann der Hauswirth zum Besten eineiger Seitenverwandten nicht darüber schlaten, sondern das Gehöft fällt, im Stande worin es war, frank uund frei an die Landesherrlichkeit zurück, welche unbeschränkt darüber verfügen, es mit einem neuen Wirthe besetzen konnte, der es beweinkaufte und wobei auf die nächsten Verwandten des abgegangenen Wirthes Rücksicht genommen werden sollte oder die Ländereien vereinzeln und anderen Stellen und Meiereien beilegen. Hinsichtlich der Allodialerbschaft aber, wozu Vieh und Fahrniß aller Hausrath, auch die Bretter auf dem Balken, daß eingefahrene Korn und die Saat auf dem Felde gehörte, traten ganz die Bestimungen des gemeinen Rechtes ein.

Die landesherrlichen Rechte an diesen Bauerhöfen bestanden und bestehen außer dem erwähnten Heimfall in den Regalien der Forst- und Jagdgerechtigkeit, die erstern in dem maße, daß keine Eiche oder Buche, sie mochte auf dem Felde stehen wo sie wollte, dem Bauern gehörte; einzelne Dorfschaften, jedoch nicht alle, waren dem Fruchtzehntenzuge unterworfen, den entweder die Landerherrlichkeit erhob oder der zu den Einkünften des Predigers gehörte; die naturalien, welche noch in der letzten Zeit des Bisthums und auch später geliefert als Zehntlämmer, Schneidelschweine, Gänse, waren schon längst zu Geld gesetzt, Flachs wird von einigen Dörfern in n a t u r a geliefert, in andern das Pfund mit 4 ßl. bezahlt, die Schafabtrift mußten mehrere Feldmarken sich gefallen lassen. Die Hauptauskunft aber bestand aus der sich schon in den ältesten Zeiten findenden Abgabe, welche mit dem Namen Pacht (pactus) belegt ward und als Recognition der Unterthanen für die innehabenden Ländereien angesehen wurde und in einer bestimmten nicht überall gleichen sehr niedrigen Geldsumme bestand; die Pachthühner, schon längst zu Geld gestetz (4ßl), wurden als Recognition für einzelne Wörden oder Koppeln angesehen. Mit diesen sind die Rauchhühner (4ßl) nicht zu verwechseln, welche sich bekanntlich auf die Jurisdiction und das privative d o m i n i u m beziehen und die daher auch an einigen Orten dem Prediger, z.B. in Herrnburg von den sogenannten Priesterhufen entrichtet wurden. In den frühern Zeiten wurde nach dem Hufenmodus bei außerordentlichen Fällen gesteuert ( Bede precaria), und es scheint, als ob die Anordnung dieser Bede lediglich vom Willen des Bischofs abhing, wo denn auch das capitel von seinen Unterthanen eine solche erheben konnte; die Quote war in des Bisthums letzten Zeiten ein Gulden. Jodoch die Hufeneinrichtung scheint nach der Säcularisation ganz außer Anwendung gekommen zu sein, und statt der Bede entstand unter dem Namen der Contribution eine feste Abgabe, welche auch das Gesinde ergreift. Von jedem Scheffel Aussaat Land wird 3ßl., vom Fuder Heu 8ßl., für den Knecht 30ßl., für den Halbknecht 15ßl., für die Dirne und den Jungen 13ßl., und sind einige von diesen eigene Kinder des Hauswirths 18ßl. gezahlt und für jeden Thaler 1½ ßl. Zählgeld entrichtet. Andere Geldabgaben waren das Monatsgeld, welches zu der Zeit entstand, als das Fürstenthum den Herzogenvon Schwerin gehörte, zum Unterhlat der Einspenniger gegeben ward und späterhin zur Reservaten-Casse kam und nicht überall gleich ist; das Frachtfuhrgeld, das 1734 statt gewisser Naturalfuhren, das Landreutergeld, welches 31.Mai 1774 mit 1 ½ ßl. von jedem Thaler der Contribution angeordnet wurde, das Haulohn des Deputatholzes, das Glockenläutergeld bei Landestrauer. Außer diesen Geldleistungen lastete ein sehr beschwerlicher Naturalhofdienst, der nach den herrschaftlichen Meiereien geleistet ward, auf den Bauernstellen, und zwar mußte der Bauer gemeiniglich 8 Stunden lang Spann- oder Handdienste thun lassen und darin alle zur Landwirthschaft notwendigen Arbeiten ausrichten; in einigen Ortschaften waren die nicht angesessenen Einwohner zu Garten- und andere zu Fachdiensten pflichtig, in einigen zur Probstei ehemals gehörenden Dörfern mußten sie bestimmte Pfunde Heede spinnen. Dörfer, die keinen Naturaldienst leisteten, zahlten Dienstgeld. Außer diesen Hofdiensten waren sie zu ungemessenen herrschaftlichen Diensten bei Bauten u.s.w. verpflichtet ( Nebendienst, Capiteldienste), zugleich zur Anfuhr des Deputatholzes, zur Wegebesserung, zu Kirchen- und Mühlenfuhren, zur Bewachung und Transportirung der Gefangenen, zu Briefreisen, Jagdfrohnden u.s.w. Die Ländereien lagen in Communion.

Wenn nun auch die Geldabgaben verhältnismäßig sehr geringe waren, die Bauern zur Erhaltung ihrer Wohnhäuser und zum Neubau Bau- und Pfahlholz, zur Erhaltung ihrer Ackergeräthschaften Nutz- und zum Brennen Nadelholz aus den herrschaftlichen Forsten erhielten ( eine Eiche und eine Buche), so ergiebt sich schon aus der Menge der angegebenen Prästationen, daß es selbst bei angestrengtem Fleiße den bauern unmöglich sein mußte, ihre Felder, die überdies fast allgemein eine sehr ansehnliche Ausdehung hatten, gehörig zu bebauen, fast der ganze Ertrag, der nur gering ausfallen konnte, von der Menge des Zugviehes, der Kenchte, Mägde und Dienstjungen, die zum Hofdienst unentbehrlich waren, verzehrt ward und daß ein wohlhabender Bauernstand nie entstehen konnte. Daher machte man gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst den Versuch, einige Dörfer zu verkoppeln. Die Communion der Ländereien ward aufgehoben, es wurden Contracte mit den Bauern auf gewisse Jahre abgeschlossen, während welcher der Naturaldienst und der Zehnten durch Geld vergütet, jedoch das Bau- und Nutzholz verabreicht ward und Heimfall und Erbfolge durch die schon früher angeführte Verordnung bestimmt wurde.

Hieraus ging nun die Regulierung oder gänzliche Ablösung der Ländereien von dem Nexus mit der Großherzoglichen Kammer hervor, welche, nach den liberalsten Grundsätzen unternommen und durchgeführt, den Wohlstand der Bauern dauernd begründet und eine vollkommnere landwirthschaftliche Cultur möglich macht. Die Besitzungen zu separieren und das, was jedem zufiel, so zu legen, daß es eine zusammenhängende Fläche bildet, die Lasten, die daruf ruhen, zu ordnen und aufzuheben, sind die Zwecke der Regulierung. Nachdem die Dorfschaft vermessen worden, wird die Größe der Lasten berechnet, es wird untersucht, wie viel Land abgetreten werden kann, das entweder zu herrschaftlichen Zuschlägen oder zu Meiereien gelegt oder zu Büdnereien verkauft wird, und aus diesen Ansätzen ergiebt sich die Größe der jährlichen Abgabe, die nach Scheffel Rocken bestimmt und nach dem Preise am Martinitage in Lübeck ( mit 2ßl. Zähl- und Procentgeld vom Thaler für den Einnehmer) abgeführt wird. Wenn dies Geschäft auf dem Wege der gütlichen Verhandlung zu Stande gekommen, so erhält das Dorf eine Regulierungsurkunde. Durch diese wird unwiderrufliches Eigenthum des bauern, das Heimfallsrecht hört auf, jedoch der Vorkauf und Näherrecht wird vorbehalten, der Bauer hat allein für die Erhaltung der Gebäude zu sorgen, denn die Holzleistungen hören auf, die Vererbung kann an einen, welchen er willkürlich unter seinen Söhnen und Töchtern wählen kann, geschehen, übrigens bleibt es bei der constitutionsmäßigen Bestimmung wegen des Vorzugs der Söhne vor den Töchtern und der Primogenitur; die jüngeren Kinder werden dorfüblich aus der Stelle abgefunden, denn jede Zerstückelung ist untersagt. Die Stelle kann gültig verhypothecirt und auch verkauft werden, jedoch letzteres, wegen des vorbehaltenen Vorkaufsrechts, nicht ohne Consens des Landesherrn. Von dem Kaufgelde muß der Käufer den Zehnten (10 pCt.) und den Zahlschilling ( 6¼ pCt.) ( ersterer findet sich bereits unter dem Namen Uplatelgeld zu Anfang des 16. Jahrhunderts als altherkömmlich angeführt, letzeren 1ß von der Mß als Sportel des Amtmanns traf ich zuerst 1646) erlegen. Alle Naturalleistungen, welche die Herrschaft zu fordern hat ( nicht aber die, welche den Kirchen gebühren, die Anfuhr des Deputatholzes und die Sorge für die Wege), hören auf und die ungemessenen Nebendienste sind für jeden Vollbauer jährlich auf 8 Spanntage angesetzt. das Holz wird von den Feldmarken weggenommen; um die Stelle aber den Holzbedarf zu sichern, wird gleich bei der Regulierung ein Theil des Ackers zu Holzkoppeln bestimmt, welche nur zu diesem Zwecke benutzt werden dürfen ( Verordnung vom 27.April 1825). Hinsichtlich des Erbrechtes bestimmt die Verordnung vom 26. October 1824), daß, wenn ein Hauswirth verstirbt, ohne den Erben seiner Bauerstelle letztwillig und rechtsgültig ernannt zu haben, die Bestimmungen willig und rechtsgültig ernannt zu haben, die Bestimmungen der römischen Erbfolge-Ordnung in Anwendung kommen. In dem Hausbriefe wird dem Besitzer, mit Bezugnahme auf die Versicherungs-Urkunde, die Bewirtschaftung der Stelle überlassen und ihm aller obrigkeiten Schutz zugesichert, wogegen er verpflichtet ist, alle Leistungen prompt zu erfüllen und dem Amte den schuldigen Gehorsam zu erweisen.

Die Bewohner des Fürstenthums unterscheiden sich schon seit langen Jahren, ohne daß sich nachweisen ließe seit wann, in die Braunen und die Bunten ( unter den Eigennamen mehrerer Braunen kommt 1285 „bonde Roland“ vor), Namen, die von der Kleidung hergenommen sind. Letztere richten sich im Allgemeinen nach der Tracht der niedern Stände in den benachbarten Städten; die Handwerker, die eingewanderten Tagelöhner u.s.w. gehören dazu, und sie würden, als ein fremdes Element, hier nicht einmal zu erwähnen sein, wenn nicht ganze Dorfschaften, namentlich Ziethen, Mechow und Lankow, zu ihnen gehörten. (Auffallend ist es, daß gerade diese Dörfer Tafelgüter des Domprobstes waren) Eine noch jetzt bestehende Trennung fand seit Menschengedenken zwischen ihnen und den Braunen statt; Ehen zwischen beiden gehören im Allgemeinen zu den seltneren Fällen und führen fast immer einen Wechsel der Kleidung herbei; der Bauer selbst heirathet fast nie eine Bunte.

Die B r a u n e n, die Eingebornen, sind ein sehr kräftiger Menschenschlag, der sich aber erst in den Zwanzigen vollkommen ausbilden pflegt, von mittlerer Größe, selten unter 5 Fuß 3 Zoll, selten über 6 Fuß groß, breitschultrig, fast nie bäuchig, von wohlgebildeten Gliedern und ansprechender Geschichtsbildung, mit dunkelblonden oder lichtbraunem Haar und blauen Augen, von frischer Gesichtsfarbe, mit schönen, weißen Zähnen. Ihre Lebensweise bietet wohl eigentlich nichts Eigenthümliches dar; daß aber der Ratzeburger viel und im Ganzen gut ißt, zumal viel Fleisch, ist bekannt genug, daher kann er denn auch sehr stark arbeiten, und in der Ernte, wo die Arbeit zum Fest wird, kommen fremde Arbeiter nie mit ihm aus; er übereilt sich nie, aber er ermüdet erst spät, und Ausdauer in jeder Hinsicht, welche wohl oft Hartnäckigkeit genannt werden kann, gehört zum Charakter des Volkes, das sich übrigens durch True und Rechtlichkeit und Wohlthätigkeit vorteilhaft aus zeichnet, fest an dem einmal Bestehnden hält und sich zum Aneignen fremder Ansichten ungern entschließen kann.

Die Wohnungen sind mehr zweckmäßig als bequem eingerichtet; sie sind allerdings bedeutend größer, als man sie gewöhnlich in Mecklenburg antrifft, aber für den Bewohner selbst bleibt, da sie zugleich zur Scheune und zum Viehgebäude dienen, doch nur eingeringer Theil des Raumes übrig. Die älteren Häuser sind von Eichenholz gebaut, die Wände sind ausgeflochtenund innwendig und auswärts mit Strohlehm beworfen ( gekleemt ). In der Mitte ist die große Dreschdiele, mit Lehm ausgeschlagen, an den Seiten derselben sind die Ställe für Pferd und Kühe; neben der großen Hausthür , in die ein Wagen mit Korn hineinfahren kann, sind zwei Schuppen ( Vorschlup ) für die Schafe und Schweiine. Am Giebelende ist die Stube ( Döns ) angehängt, so daß sie drei Wände hat und mit der vierten am Hause steht. Die Decke besteht aus darüber gelgten Brettern. Ein großer Ofen, in dem das Essen zu erwärmen pflegt, nimmt fast die Hälfte der Stube ein, deren Geräthe aus Bänken an den drei Seiten, einem großen eichernen Tisch, einigen selbstverfertigten Lehnstühlen, welche bei Festlichkeiten mit ledernen Kissen belegt werden, besteht. An der Wand stehen auf einer „Bort“ die zinnernen Schüsseln und Kannen ( die gewöhnlichen Hochzeitsgeschenke ) und irdene oder wieße Teller; eine andere, mit einem Vorhang von blauer Leinwand versehen, trägt die Milch; über der Thür findet man die Bibel, Gesangbuch, Postille; die hölzernen Löffelstecken an der Wand; von der Decke hängt ein hölzerner Haken mit Zähnen zum Verlängern und Verkürzen herunter, um die Lampe zu tragen. Nur wenige und kleine Kammern sind im Hause. Der Heerd ist offen und frei oder mit einem mächtigen Geländer eingefaßt, der Boden vor ihm mit Kieselsteinen gedämmt, über ihm ein mächtiger „Schwibbogen“, von dem der Kesselhaken herunterhängt. Der Schornstein fehlt, der Reauch durchzieht das ganze Haus und alles Holz schwarzbraun gefärbt, und räuchert den Speck und die Schinken, die unter der Decke „im Wiem“ hangen, vortrefflich. So die alten Häuser; die neueren haben im Ganzen denselben Typus behalten, aber sie sind in allen ihren Theilen viel stattlicher geworden und bequemereingerichtet: die Wände sind ausgemauert, die Vorschuppen weggeblieben, die Stube ist geräumig und mit Windelböden belegt, alles trägt, bei ländlicher Einfachheit, das Gepräge des Wohlstandes; und während sich früher nur noch ein schuppenähnliches Backhaus, das einige Wohnungen zum Vermiethen enthielt, in der Nähe des Hauses oder in dem mit riesigen Obstbäumen bepflantzten Garten befand, hat die verbesserte Ackercultur fast bei jeder Bauerstelle Scheunen nothwendig gemacht, denn das Haus kann nicht mehr, wie früher, das geworbene Korn fassen.

Seit den frühesten Zeiten fand im ehemaligen Bisthum eine gesonderte Administration statt; während die jetzigen Vogteien Schönberg und Stove zu den Tafelgütern des Bischofs gehörten, besaß die Capiteltafel die Vogteien Schlagsdorf und Rugensdorf. nach der Säcularisation zerfiel das Land wieder in die Aemter Ratzeburg, Stove ( späterhin zum Amte Schlagsdorf vereinigt ) und Schönberg; erst seit Errichtung der Landvogtei 1814 hat diese Trennung in der Verwaltung aufgehört, welche eine Trennung unter den Einwohnern herbeiführte. Nur in seiner Vogtei ist der Ratzeburger heimisch, und wenn die Vogtei- und Kirchspielgrenzen zusammen fielen, so sit die Trennung so groß, daß eine Heirath zwischen diesen Getrennten zu den höchsten Seltenheiten gehört und die oder der Hereingekommene nie recht heimisch wird:“ He is nich uns Water döft“. Auch in der Kleidung findet, namentlich beim weiblichen Geschlecht, eine solche Abweichung statt, daß man gar leicht die verschiedenen Vogteien und Kirchspiel herauskennen kann.

Die sehr kleidsame Nationaltracht der Männer, an welcher jedoch di Mode in neuerer Zeit einige Veränderungen im Schnitte hervorgebracht hat, besteht aus einer Weste, welche bis an die Hüften reicht; früher war sie länger und von eigengemachten wollenen Zeugeoder zum Putz von blauen rothgeblümten Camelot, jetzt von andern Westenzeugen; aus einer Jacke von eigengemachten halbwollenen Zeuge ( Beierwand ), fast immer braun gefärbt, mit einer Reihe Knöpfe; einer kurzen und engen schwarzen Hose aus Bratt, an den Knien mit lederen Senkeln zugebunden ( jetzt ziemleich von Pantalons verdrängt ); aus weißen wollenen Strümpfen und Stiefeln, die bis über die Wade reichen, oder aus Schuhen mit Riemen, selten mit Schnallen. Um den Hals wird ein schwarzes oder buntes seidenes Tuch getragen, über dem die ausgenäheten Queder ein wenig herüber liegen; das Haar ist jetzt überall kurz verschnitten; früher trug man es länger gescheitelt, hinter die Ohren gestrichen und durch einen Kamm von Messing gehalten.Der Hut hat einen runden niedrigen Kopf und einen mäßig großen Rand. Zur bequemen Tracht im Hause gehört eine meistens grüne Sammtmütze mit Pelz gefüttert und verbrämt und hölzerne Pantoffeln. Das sonntägliche Feierkleid, welches sich aber erst der Verheirathete zulegte, war ein schwarzer Rock mit rothem Flanelle gefüttert, ohne Kragen, mit ziemlich weiten Aermeln und großen Aufschlägen, mit Falten an der Seite und großen Taschenpatten. Er reichte bis an das Knie, war vorne gerade geschnitten und in seiner ganzen Länge mit Knopflöchern geziert, von denen nur die bis zur Hüfte offen waren; die Knöpfe waren übersponnen und groß. Der Rock hat aber jetzt eine gewöhnliche städtische Form erhalten und man sieht den angegebenen nur noch bei alten Leuten, mit denen diese Form aufhören wird; die Pelzmützen sind meistens gegen Kappen von moderner Form vertauscht worden; auch wollen die altväterlichen bauerhüte ( Treulhoot ) den modernisirenden Burschen nicht mehr gefallen, welche, wenigstens im Putz, nur Tuchjacken mit zwei Reihen Knpöfen tragen. Ein früherer Putz bestand in silbernen Knöpfen, welche aus den kleien dänischen Vierschillingstücken ( Kopfvieren ) gemacht wurden, an die eine „Oehse“ angelöthet ward; diese Knöpfe sind ganz verschwunden, eben so wie auch ungefärbte Jacken bei den Bauern nicht mehr gefunden werden. Bei schlechtem Wetter wird ein schwarzgefärbter linnerer Kittel von Oberrocksform getragen.

Die Mädchen tragen Hemdschürze und Oberhemde, über der Brust mit einer silbernen Spange, welche die Form eines Herzens hat, mit einer Krone darüber, zusammengehalten ( Brüschen ). Die Aermel reichen bis an den Ellenbogen , in einigen Gegenden bis zum Handgelenk, erstere sind offen, letztere aber durch einen Queder geschlossen; dann ein Mieder ( Bostlief ), welches hinten ziemlich hoch geht, an der Brust aber mehr ausgeschnitten ist. Früher ward dazu der geblümte Camelot und gedruckte Leinewand verwendet, jetzt entweder Cattun, besonders rother, oder Wollensammet u. dergl. Es ist aber breit eingefaßt, wozu man zum Putze seiden, mit Gold und Silber fazonnirte Bänder verwendet. dann kommt eine Jacke, meistens von Tuch, eben so wie das Leibchen verziert, von dunkelblauer oder dunkelgrüner Farbe, mit engen Aermeln, welche zugeknöpft werden, und die unten überschlägt und zugesetckt wird. Das Halstuch, zum Putz ein seidenes mit farbiger Kante und bunter Stickerei, gewöhnlich ein rothes, wird in den verschiedenen Gemeinden verschieden getragen; meistens wird es hinten eingesteckt, so da0 der Besatz der Jacke zu sehen ist; in Schlagsdorf dagegen hängt es über die Jacke. Hier trägt man noch vor der Brust einen Brustlatz von steifer Leinewand mit Seide überzogen und oben mit Band besetzt ( Bostdok, Brüschen ), der sich jedoch in den meisten Gegenden nicht findet. Mehrere Röcke von brauner Farbe, wenn es eigengemachte sind, oder von blauer, wenn man Tuchanwendet, seltener von dunkelgrüner, werden übereinander getragen; alle sind unten mit Band besetz. Früher waren sie hinten und an den Seiten in enge, steife Falten gelegt, jetzt verschwindet diese Form mehr und mehr.Weiße wollene Strümpfe und Schuhe mit hohen, spitzen Absätzen und Schnallen, meistens großen silbernen, werden stets, auch im heißen sommer getragen; barfuß geht niemand. Das Haar wird in einigen Gemeinden von der Stirne zurückgestrichen, in anderen gescheitelt getragen, auf dem Kopf in einem Neste zusammengewunden und durch eine künstlich geschnitzes Stäbchen ( Nestnadel ) gehalten. Die Mütze ( Hüll ) ist in dem größten Theil des Landes eine runde ( dreistückige ), gemeiniglich mit Band, zum Putz mit Gold- und Silbertressen auf den Nähten besetz, in vielen Dörfern aber und namentlich in der ganzen Schlagsdorfer Geminde wird eine Spundmütze getragen, welche nur aus zwei Stücken besteht, hinten wegsteht, und von ihr hängt ein langes rothes Band in einer Schleife herunter; mit rothem Bande wird überall die Mütze unter dem Kinn zugebunden. Die Spitze ( Strich ) vor ihr ist nirgends sehr breit und wird bald aufstehend, bald am Kopfe anliegend gefunden. Der Hut ist aus dünnen weidenen Spänen, zum Bande geflochten ( Flechtels ), zusammengenäht, nicht überall von gleicher Form, doch immer vom Kopfe abstehend, mit Cattun gefüttert, fast überall mit blauem Bande besteckt, nur in einigen Dörfern mit schwarzem; er gehört aber nie zum Putze. Die Schürze ist überall, entweder von gedruckter Leinewand oder von baumwollenem Zeuge;eine Schärpe von breitem blauen oder grünem seidenen oder Hamburger Band, vorne zu großer Schleife gebunden, bedeckt das Band derselben. Ein Halsband ( Krallenband ), bald von Glasperlen, bald von buntem Sammtband, mit einer rothen Schleife befestigt, und silberne Ohrringe vollenden den Anzug, der in jedem seinem Theile das Gepränge des Wohlstandes un der Tüchtigkeit trägt und dabie höchst decent sehr kleidsam ist.

Diese Kleidung der Unverheiratheten bleibt auch nach der Verheirathung dieselbe, nur mit dem Unterschiede, daß dabei schwarz die vorherrschende Farbe wird: statt der bunten Mütze wird eine schwarze getragen, statt der rothen Bänder kommen schwarze, und Tuch und Schürze ist, zumal beim Anzug in der Kirche, weiß, erteres mit Spitzen besetzt. Bei Trauer oder bei der Communion und am Charfreitag und Bußtag erscheinen auch die Mädchen im schwarzen und weißen Anzug. - Im Winter tragen ältere Frauen in einigen Gegenden beim Ausgehen eine große schwarze Tuchkappe ( Kapp ), welche zugleich Hals und Schultern bedeckt, auch wohl Klapphandschuhe ohne Finger, unten dreieckig geschnitten und mit Pelzwerk besetzt, jedoch beides verschwindet mehr und mehr aus dem Gebrauche. Eine nur in der Selmsdorfer Gemeinde sich findende Eigenthümlichkeit ist, daß die nächsten weiblichen Anverwandten bei Leichenbegleitungen ein großes weißes Tuch über die Mütze gesteckt tragen.

Eigenthümlich nationale Belustigungen lassen sich nicht namhaft machen; eine sehr rauschende und, wie die Verbote sagen, durch Gesöff höchst ärgerliche Feier des des Pfingstfestes, welche Pfingstgilde genannt ward, wurde 1681, 1688, 1698 und 1734 streng untersagt; das Kranzreiten, das von den Knechten um Pfingsten angestellt wird und mit Tanz endigt, ist ganz neuen Ursprungs. Fastnacht wird von dem gesinde durch Ausetzen der Nebenarbeit und durch Schmausereien 8 Tage lang in jedem Dorfe begangen; der Weihnachtsabend durch Essen und Trinken gefeiert ( Vullbuksabend ). Hauptfeste sind die Hochzeiten, welche im Herbste so gestellt werden, daß die Trauung der meisten Paare an demselben Tage statt hat ( lange Regh ). Die Braut erscheint dabei im festlichen Nationalanzug, schwarz mit buntem Band besetzt, mit einer Krone von Gold- und Silberlahn geschmückt, wittwen und Gefallene mit der schwarzen Mütze, in der Hand Spitzentuch und das Brautgeschenk: das gesangbuch mit silbernen Beschlage; der Bräutigam im Rocke, den Hut mit blankem Kranze und Strauße geziert und unter dem Arm das Zeichen des freien Mannes eine Degen, von dem ein Tuch und rothes Band herabhangen. Trauführer, Brautjungfren ( Bittersch ), Schaffner sind ernannt; der Hirte im festlichen Anzug mit einem Strauße geschmückt und mit einem Queerbeutel versehen, um Geschenke für sich zu sammeln, hat in Versen zierlichst das ganze Dorf und alle Verwandte eingeladen; nur die Unverheiratheten pflegen dem Zuge, der bis zum Kirchhofe von der Musik begleitet wird, in die Kirche zu folgen. Bis gegen Abend verweilt die Gesellschaft im Kirchdorfe ( in einigen Gemeinden finden fast nie Haustrauungen statt, welche in anderen häufiger sind ), dann kehrt man ins Hochzeitshaus zurück, wo aber die Thür verschlossen ist und erst geöffnet wird, nachdem das Brautpaar den alten Frauen gelobt hat, Gut zu thun, und eben so wie die ganze Begleitung vor der Thür mit Semmel von ihnen bewillkommnet wird. Man setzt sich an die langen, schmalen Tische, die mit ungeheuren Massen herkömmlicher Gerichte , als Hühnersuppe, Milchreis, Rindfleisch mit Pflaumen ( Grapenbraad ), Schwarzsauer, Kohl und Hammelfleisch, Gänse- und Schweinebraten ( Kartoffeln sind als Fremdlinge ganz ausgeschlossen ) besetzt sind. Die Schaffner tragen auf ; die zinnerne Kanne mit Bier, das Glas mit Schnapps machen die Runde, zwischen den Gängen wird von den Alten auch wohl die kurze, mit Silber beschlagene Pfeife wieder angebrannt, dann wird getanzt, die Braut, nachdem ihr die Krone abgetanzt und sie mit der schwarzen Mütze bekleidet ist, wird von den alten Frauen zu Bette gebracht, und mehrere Tage lang ( die Hochzeiten werden gewöhnlich in der Regel am Freitag gefeiert ), oft bis in die andere Woche hinein, dauern diese Festlichkeiten, deren Aufwand bereits ältere Gesetze, zuletzt 1787, zu beschränken versuchten. Da, wenn es irgend thunlich ist, Tauschfreien geschlossen werden, so daß Brüder und Schwestern aus zwei familien sich gegenseitig heirathen, so wird die Hochzeit ( Köst ) sehr oft in mehreren Dörfern gefeiert. Ueber die Ausrüstung derselben, so wie über das Einzelne der feierlichkeiten dabei entscheidet der Dorfgebrauch und fest wird am Herkommen gehalten. Kein Armer verläßt ungespeist und ungetränkt das Hochzeitshaus.

Das Angegebene gilt freilich in seinem ganzem Umfange nur von dem Bauer, jedoch ist es im Allgemeinen auch auf der Classe der eingeborenen Tagelöhner anwendbar, welche dieselbe Kleidung tragen und ursprünglich aus Bauerstellen stammen. Daher ist unter ihnen auch ein verhältnismäßiger Wohlstand nicht selten.

Die Bauern in Ziehten, Mechow und Lankopw, eben so die der Vogtei Manhgaen schließen sich in ihrer Kleidung den ihnen zunächst wohnenden Lauenburgern an; da das Fremde zu ersichtlich an ihnen hervortritt.